OLG Frankfurt 11 U 6/02 und 11 U 11/03

(extern via JurPC)
(extern via OLG Frankfurt)
Meldung bei heise
Offline: MMR 7/2004, S. 476ff., CR 8/2004, S. 617f.

Leitsätze:

  1. Geht der Verletzte im Wege der Entschädigungslizenz nach § 812 BGB vor, ist mangels näherer Anhaltspunkte eine fiktive einfache Lizenz nach § 287 ZPO zu schätzen und zu bemessen.
  2. Die Höhe der Lizenz bestimmt sich in erster Linie danach, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide Vertragspartner die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten.
  • Für die Lizenzhöhe sind die Wertigkeit der Beiträge und ihre Eignung zur Eigenwerbung als maßgeblicher Gesichtspunkt mit heranzuziehen. Die Entfernung der Urheberkennung und damit die Erweckung des Eindrucks eigener Beiträge ergeben hierbei einen maßgeblichen Angriffsfaktor.
  • Mangels konkreter Vergütungssätze ist es sachgerecht, die einschlägigen Vergütungssätze VR-W 2 für die Nutzung von Werken des GEMA-Repertoires im Internet mit Elektronic-Commerce zu verlangen.
  • Der Vergütungssatz für Waren und Dienstleistungen aller Art von 50,- € ist um 100% zu erhöhen. Während die von der GEMA-Lizenz erfassten Musikstücke lediglich mitgenutzt werden (Streaming), rechtfertigt die Möglichkeit, dass die Textwerke von der Homepage der Beklagten kopiert werden können, diese Erhöhung um 100%.
  • Ein nochmaliger „Verletzeraufschlag“ kommt nicht in Betracht, da sein Grund in der Unterhaltung einer entsprechenden Kontrollorganisation und den damit anfallenden Kosten liegt.
  • Bei der Bestimmung der zeitlichen Komponente als Berechnungsfaktor ist nicht auf die tatsächliche Nutzung bis zur Entdeckung abzustellen. Vielmehr folgt die fiktive Nutzungsdauer dem Interesse des potenziellen Lizenznehmers, seine Kompetenz durch die Bereitstellung der Beiträge für den interessierten Leser entsprechend deutlich machen zu können. Es ist daher sachgerecht, einen Zeitraum von zumindest drei Monaten zugrunde zu legen.
  • Die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrecht durch Kopieren fremder Beiträge und die zusätzliche Täuschung über die Autorenschaft stellen unrechtmäßige Vorgehensweise dar, die der Urheber in keiner Weise hinzunehmen braucht.
  • Für einen solch schwerwiegender Eingriff ist ein Ausgleich durch Schmerzensgeld als Genugtuung zu schaffen, der durch Unterlassung,  Gegendarstellung, Widerruf oder auf andere Weise nicht oder nicht in ausreichender Weise erreicht werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn Beiträge aufgrund besonderer Sachkenntnis eine besondere Werbewirksamkeit als Rechtsanwalt enthalten.Urteil als PDF (16 Seiten – 1,2 MB)