Unabhängig davon, ob als Muster erworben oder anwaltlich erstellt, sind AGB immer nur so gut, wie sie aktuell sind.
Selbst wenn AGB beispielsweise im Jahre 2005 dem aktuellen Stand der Rechtsprechung entsprochen haben, besteht die Gefahr, dass einzelne Klauseln durch die Änderung der Rechtsprechung nunmehr unwirksam geworden sind.
Verwendet ein Unternehmer unwirksame AGB handelt er in der Regel wettbewerbswidrig und muss sich daher der Gefahr von Abmahnungen ausgesetzt sehen.
Darauf hinzuweisen ist, dass mit Ausnahme der höchstrichterlichen Entscheidungen durch den BGH diverse Ober- oder Landgerichte teilweise unterschiedliche Auffassung vertreten. Infolge des sog. fliegenden Gerichtsstandes besteht indes die Gefahr, gerade dort in Anspruch genommen zu werden.
Nachstehende – nicht abschließende – Aufstellung soll daher einen Überblick über die Änderungen der letzten Jahre geben:
- Beispielsweise wurde die Rechtsprechung zu den Kardinalpflichten – im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, 46) aus dem Jahre 2005 dahingehend präzisiert, dass das OLG Celle (Urt. v. 30.10.2008, Az. 11 U 78/08) entschieden hat, dass die Klausel “[XY haftet] nur im Falle der schuldhaften Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht (Kardinalpflicht) und/oder grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzungen und/oder Verletzung des Körpers, Gesundheit und des Lebens” unwirksam und wettbewerbswidrig sei, da diese Formulierung – mangels Verständlichkeit für einen juristischen Laien – gegen das Transparenzgebot verstoße.
- Das OLG Celle (Beschl. v. 24.07.2009, Az. 13 W 48/09) entschied auch, dass AGB dem Vertragspartner bei Vertragsschluss offline vorliegen müssten. Es sei nicht ausreichend, auf die eigene Webseite – auf der die AGB online zum Abruf bereitständen – zu verweisen. Dies wurde noch im Jahre 2004 durch das OLG Bremen (Urt. v. 11.02.2004, Az.: 1 U 68/03) anders entschieden.
- Bedeutsam ist auch die Entscheidung des BGH (Urt. v. 11.10.2007, Az. IIl ZR 63/07) zu der Rechtswidrigkeit einer Klausel bezüglich stillschweigender Vertragsänderungen.
- Zudem befasste sich der BGH (Urt. v. 26.02.2009, Az. 8 K 4063/08) zu Beginn dieses Jahres mit der Darstellung von Grund- und Verkaufspreis bei Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder Verkaufseinheiten ohne Umhüllung die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft werden.
- Vor wenigen Monaten hat das OLG Rockstock (Beschl. v. 19.05.2009, Az. 3 U 16/09) entschieden, dass eine sog. doppelte Schriftformklausel in AGB unwirksam sei. Das betrifft Klauseln, die nicht nur für Vertragsänderungen die Schriftform vorschreiben, sondern auch Änderungen der Schriftformklausel selbst der Schriftform unterstellen. Nach Ansicht der Rostocker Richter werde dadurch der Eindruck erweckt, als könne die Klausel nicht durch eine die Schriftform nicht wahrende Vereinbarung abbedungen werden.
Im B2B-Bereich bleibt diese Frage umstritten. - Das OLG Hamburg (Urt. v. 14.02.2007, Az. 5 W 15/07) entschied, dass eine die Rückgabe betreffende Klausel „Unfreie Ware oder Pakete werden nicht angenommen“ ebenso wie die Klausel „Angebot freibleibend“ unwirksam sei.
- Das OLG Hamburg (Beschl. v. 24.01.2008, Az. 3 W 7/08) bestätigte und erweiterte seine Auffassung auch im Hinblick auf die sog. Bagatell- bzw. 40 €-Klausel bei eBay.
- Das LG Hamburg (Urt. v. 03.03.2009, Az. 312 O 637/08) bewertete Internet-Werbung mit fehlenden Lieferzeiten als irreführend.
- Das LG Hamburg (Urt. v. 12.05.2009, Az. 312 O 74/09) entschied, Internet-Werbung in einem Online-Shop für nicht lieferbare Artikel wettbewerbswidrig sei.
- Das LG Hamburg (Urt. v. 17.07.2009, Az. 324 O 1041/08) entschied, dass eine Klausel zu sofort fälligen Servicegebühren in AGB rechtswidrig sei, da die Vergütung nach den gesetzlichen Regeln erst dann anfalle, wenn die Leistung erbracht sei.
- Das LG Kiel (Urt. v. 25.03.2009, Az. 5 O 206/08) entschied dieses Jahr, dass das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht in AGB nicht verkürzt werden dürfe. Ähnlich entschied auch das LG Hamburg (Urt. v. 11.11.2008, Az. 312 O 458/08) ein Jahr zuvor.
- Das LG Bochum (Urt. v. 10.02.2009, Az. 12 O 12/09) beschäftigte sich mit der Werbung bezüglich Originalware und entschied, dass die Formulierung „Echtheitsgarantie“ eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstellen könne. Außerdem bewertete das Gericht die Werbung mit versichertem und unversichertem Versand. Dazu hatte zuvor auch schon das LG Hamburg (Beschl. v. 06.11.2007, Az. 315 O 888/07) entschieden.
- Das LG Dortmund (Urt. v. 14.03.2007, Az. 10 O 14/07) entschied, dass eine pauschale 100% Wertersatz-Klausel im Fernabsatz wettbewerbswidrig sei, wenn somit die Beweislast auf den Verbraucher „abgewälzt“ werde.
- Das LG Dortmund (Urt. v. 25.05.2007, Az. 8 O 55/06) entschied, dass eine AGB-Klausel, wonach für eine Rücklastschrift eine Gebühr von 50 € anfalle, unzulässig sei, wenn auch nicht ersatzfähige Kosten einberechnet würden.
- Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v 03.07.2008, Az. 2-31 O 128/07) entschied, dass die Angabe von „voraussichtlichen Lieferzeiten“ oder „Zirka-Fristen“ in AGB dagegen wirksam sei. Auch dies wurde von dem OLG Bremen (Beschl. v. 18.05.2009, Az. 2 U 42/09) bestätigt. Das LG Frankfurt a.M. betonte in seiner Entscheidung auch den Unterschied bei den Begriffen „Umtausch“ und „Rückgabe“.
- Das KG Berlin (Urt. v. 03.04.2007, Az. 5 W 73/07) entschied insofern, dass die Formulierung „In der Regel…“ bei eBay-Versandangaben zu unbestimmt und daher rechtswidrig sei. Dies wurde auch von dem OLG Bremen (Beschl. v. 08.09.2009, Az. 2 W 55/09) jüngst bestätigt.
- Das KG Berlin (Beschl. v. 09.11.2007, Az. 5 W 304/07) befasste sich zudem auch eingehend mit der Widerrufsfolgenbelehrung und AGB (insbesondere der Klausel: „Technische Änderungen sowie Änderungen in Form, und/oder Gewicht bleiben im Rahmen des Zumutbaren vorbehalten.“) bei Fernabsatzgeschäften im Internet.
- Das KG Berlin (Beschl. v. 25.01.2008, Az. 5 W 344/07) beschäftigte sich mit der Unzulässigkeit der Klausel „Teillieferung und Teilabrechnungen sind zulässig“.
- Das OLG München (Urt. v. 26.06.2008, Az. 29 U 2250/08) beschäftigte sich mit den Anforderungen an die Rückgabebelehrung bei Fernabsatzgeschäften.
- Außerdem traf das OLG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 09.05.2007, Az. 6 W 61/07) eine Entscheidung zu einer Widerrufsbelehrung im Scrollkasten.
- Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 06.03.2008, Az. 6 U 85/07) befasste sich mit den Anforderungen an die Angaben über Liefer- und Versandkosten sowie den Umsatzsteuerhinweis beim Internethandel.
- Das OLG Frankfurt (Beschl. v. 04.07.2008, Az. 6 W 54/08) bewertete die abmahnfähige Klausel bzw. Artikelbeschreibung „24 Monate Garantie“ als unzulässig.
- Das OLG Hamm (Urt. v. 17.03.2009, Az. 4 U 167/08) bewertete den Hinweis „Lieferzeit auf Anfrage“ als wettbewerbswidrig.
- Das OLG Hamm (Urt. v. 02.07.2009, Az. 4 U 43/09) entschied, dass die Veröffentlichung der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung oder in den AGB wettbewerbswidrig sein könne, wenn dies zu einer Irreführung des Verbrauchers führe. Das KG Berlin (Beschl. v. 07.09.2007, Az. 5 W 266/07) hatte zwei Jahre zuvor noch anders entschieden.
- Last but not least hat der BGH (Urt. vom 23.07.2009, Az. VII ZR 151/08) entschieden, dass Kaufrecht auf sämtliche Verträge mit einer Verpflichtung zur Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen anzuwenden ist. Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn Gegenstand des Vertrages auch Planungsleistungen sind, die der Herstellung der Bau- und Anlagenteile vorauszugehen haben und nicht den Schwerpunkt des Vertrages bilden. Dies kann für AGB für Software-Projektverträge weitreichende Konsequenzen haben.
Denken Sie daran, dass nicht zuletzt Mitbewerber stets nach Fehlern suchen, um Unterlassungsansprüche durchzusetzen.
Für eine Prüfung und etwaigen Überarbeitung Ihrer AGB stehen wir gerne zur Verfügung.
E-Mail: kanzlei@rechtsanwalt.de
Weitere Tipps:
AGB unter der Lupe
Internet World Business 23-2009 , Seite 38
Zu Recht abgemahnt?
Internet World Business 12-2008 , Seite 10
Ruhig Blut bei Abmahnungen
internet WORLD, 1/2004, S. 26
Abmahnungen im Internet;
Podcast HR-Info: Erst abgemahnt, dann abgesahnt – Abzocke im Internet (25:02h, 6 MB)
mit freundlicher Genehmigung von
Hinweis:
Die Übersicht ersetzt nicht die anwaltliche Beratung, da eine rechtliche Bewertung stets für den konkreten Einzelfall zu erfolgen hat.
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