Internet World Business, 23-2006, Seite 10

In einer bemerkenswerten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg verurteilten die Richter den Inhaber der Domain ahd.de nicht nur – wie markenrechtlich üblich – zu Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz. Darüber hinaus wurde der Beklagte zur Löschung der Domain aufgrund von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen verpflichtet (Az.: 5 U 87/05).

Urteilsanalyse

In der 21-seitigen Urteilsbegründung wird festgestellt, dass aus der Registrierung einer Domain allein keine eigenständigen Rechte herleitbar sind. Hierfür müsste eine kennzeichen- oder namensrechtliche Nutzung unter der Domain erfolgen (vgl. auch LG Frankfurt – fetenplaner.de).

Folgerichtig führte die Domainregistrierung ahd.de im Jahre 1997 mangels ernsthafter Benutzungsaufnahme nicht zu eigenständigen Kennzeichenrechten. Mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Klägerin im Jahre 2001 entstanden dann kennzeichenrechtliche Ansprüche zugunsten der Klägerin.

Bereits im Jahr 2000 wurde geurteilt, dass eine Domain, die in Kenntnis eines fremden Kennzeichens registriert und dann auch noch zum Kauf angeboten wurde, nach § 826 BGB einen Freigabeanspruch auslösen kann.

Neu am Urteil aus Hamburg ist, dass es einen Freigabeanspruch aus dem Wettbewerbsrecht herleitet, obwohl die Registrierung der Domain 1997 völlig rechtmäßig war – damals gab es noch kein konkurrierendes Markenzeichen. Das Gericht findet, dass mangels „ernsthafter“ Nutzungsabsichten und bei einer Registrierung nur zum Zwecke des Verkaufs ein „offensichtlicher Missbrauchsfall“ anzunehmen sei.

Praxistipp

Die Entscheidung erhöht für Domainregistrierer das Risiko erheblich, da nach Ansicht der Richter eine ernsthafte Benutzungsabsicht nachgewiesen werden müsse. Fehlt diese und wurde eine Domain „in der Vergangenheit zudem Dritten zum Erwerb angeboten“, widerlege dies unzweifelhaft einen beabsichtigten kennzeichenmäßigen Gebrauch. Somit können sich Domaininhaber Ansprüchen ausgesetzt sehen, wenn für die Registrierung keine plausible Erklärung dargeboten wird.

Wenngleich es in Kennzeichen- und Wettbewerbsstreitsachen immer auf die Konstellation des jeweiligen Einzelfalls ankommt, bedarf es zumindest in vergleichbaren Konstellationen einer entsprechenden Kennzeichenstrategie. Diese kann beispielsweise auch in der Eintragung einer entsprechenden Marke als Ausdruck einer entsprechenden Nutzungsabsicht liegen. Nach überwiegender bisheriger Rechtsprechung war ein kennzeichenrechtlicher Anspruch wegen einer Domain zu verneinen, wenn für die Domain eine Marke außerhalb des geschützten Verwechslungsbereichs eines Dritten eingetragen wurde. Ausgenommen davon sind Fälle offensichtlicher Vermeidungsstrategien.

Domaininhaber sollten ihr Domainportfolio sichten und Risikoabwägungen treffen. Nicht zuletzt die diversen EU-Verfahren zeigen, dass es hier ein Konfliktpotenzial gibt.

Ob der BGH die restriktive Auffassung des Hanseatischen OLG bestätigt, bleibt abzuwarten. In den bisherigen Entscheidungen zeigten die höchsten deutschen Richter eine liberalere Entscheidungspraxis als ihre Hamburger Kollegen.