1. In einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung eines unabhängigen Anwaltsportals mit einem Zeitschriftenverlag ging es um die wettbewerbsrechtliche Frage, inwieweit ein solcher Verlag eine Anwaltshotline als zu ihm gehörig bezeichnen darf („XYZ Anwaltshotline“), ohne diese selbst zu betreiben.

Beanstandet wurde des Weiteren die werbliche Anpreisung, wonach bei Abschluss eines entsprechenden Zeitschriftenabonnements den Kunden eine „unbegrenzte Erst-Beratung“ gewährt würde.

 Anwaltshotline ohne Eigenbetrieb irreführend

Das Landgericht Frankfurt untersagte die Verwendung des Firmennamens mit dem Zusatz „Anwaltshotline“, soweit eine solche nicht betrieben wird, weil „die Mitteilung im Kleingedruckten, dass die Beratung durch selbständige Anwälte erfolgt“ nicht geeignet sei, „diesen Eindruck zu entkräften“. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten wird der Verbraucher auch nicht davon ausgehen, dass es sich nur um eine Kooperation handelt.

Unbegrenzte Erst-Beratung irreführend

Ebenfalls bewertete die Kammer die Anpreisung, wonach unbegrenzte Erst-Beratung gewährt würde, als irreführend, weil

 „in dieser Angabe eine Irreführung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG über Eigenschaften von Dienstleistungen liegt. Durch die Verwendung der Angabe „unbegrenzte Erst-Beratung“ wird dem Verbraucher der Eindruck vermittelt, dass die anwaltliche Beratung bei einem neuen Fall zeitlich oder hinsichtlich der Anzahl der Beratungen nicht limitiert ist“.   

2. Auf den Widerspruch hin bestätigte das Landgericht Frankfurt die einstweilige Verfügung, änderte aber die Kostenentscheidung dahingehend, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben wurden.

Dem lag zugrunde, dass die Verfügungsbeklagte am Tag des Fristablaufs um 17:57 Uhr des 01.10.2013 bzgl. der beanstandeten Behauptung einer Anwaltshotline eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, diese jedoch formulierte:

 „Insoweit soll die vorangegangene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung erst ab 22. Oktober 2013 gelten (Aufbrauchfrist). Mit Blick auf die besonderen Umstände des Falls gehen wir davon aus, dass Sie damit einverstanden sind. Anderenfalls bitten wir um Hinweis und Erläuterung.“

Die Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin sahen die Unterlassungserklärung als nicht ausreichend an, weshalb das einstweilige Verfügungsverfahren betrieben wurde.

Hinsichtlich der beanstandeten Werbung zur „unbegrenzten Erstberatung“ erklärte die Verfügungsbeklagte unter Verwahrung der Kosten später ebenfalls die Unterlassung, so dass es nur noch um eine Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO ging.

Das Landgericht hob nachfolgend die Kosten gegeneinander auf – teilte sie also – weil hinsichtlich des Antrags zu 1 („Anwaltshotline“) mit der abgegebenen Unterlassungserklärung trotz der Ergänzung der Aufbrauchfrist die Wiederholungsgefahr ausgeräumt gewesen sei.

3. Gegen diese Kostenentscheidung wendete sich die Verfügungsklägerin mit der sofortigen Beschwerde zum Oberlandesgericht Frankfurt.

a) Zivilprozessual herauszuheben ist, dass nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt selbst die in einem Urteil aufgeführte Kostenentscheidung, deren Grundlage § 91a ZPO ist, mit einer sofortigen Beschwerde, d.h. innerhalb der Notfrist von zwei Wochen, nicht durch Berufung angegriffen werden kann.

b) In der Sache gab das OLG Frankfurt der sofortigen Beschwerde weitestgehend statt.

Der 6. Zivilsenat führte dazu aus, dass der Wortlaut des Schreibens nur so verstanden werden könne, dass die Unterlassungserklärung erst ab dem 22.Oktober 2013 gelten sollte. Daran ändere der Umstand auch nichts, dass die Antragsgegnerin/Verfügungsbeklagte angab, sie ginge davon aus, dass die Antragstellerin/Verfügungsklägerin mit der Begrenzung einverstanden sei und anderenfalls um einen Hinweis bat.

c) Somit war im nächsten Prüfungsabschnitt zu untersuchen, ob eine Umstellungsfrist hätte gewährt werden müssen. Auch hierzu entschied das OLG Frankfurt im Einklang mit der diesbezüglichen wettbewerbsrechtlichen Jurisdiktion, dass eine Begrenzung des Unterlassungsanspruchs auf die Zeit nach Ablauf einer angemessenen Umstellungsfrist nur ausnahmsweise im Falle der Unverhältnismäßigkeit in Betracht kommt.

Interesse der Allgemeinheit, dass täuschende Werbung nicht in Umlauf gerät

Insbesondere führte der Senat aus:

„Bei irreführenden Werbemaßnahmen besteht ein Interesse der Allgemeinheit, dass die täuschende Werbung nicht – auch nicht für eine Übergangszeit – in Umlauf gerät. Dürfte die Antragsgegnerin das Werbematerial ungeachtet der Abmahnung gleichwohl verbreiten, liefe der Unterlassungsanspruch weitgehend leer.“


Leitsätze

Die beiden Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt und des Oberlandesgerichts Frankfurt enthalten diverse wichtige und grundsätzliche Erwägungen für die wettbewerbsrechtliche Praxis, die nachstehend noch einmal in Leitsätzen wiedergegeben werden:

  1. Wer unter Zusatz seines Unternehmenskennzeichens behauptet eine Anwaltshotline zu betreiben, muss diese selbst betreiben. Ein untergeordneter Hinweis im Kleingedruckten reicht nicht aus, eine Irreführung zu beseitigen.
  2. Die Behauptung einer unbegrenzten Erst-Beratung ist irreführend, weil in dieser Angabe eine Irreführung gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG über Eigenschaften von Dienstleistungen liegt. Durch die Verwendung der Angabe „unbegrenzte Erst-Beratung“ wird dem Verbraucher der Eindruck vermittelt, dass die anwaltliche Beratung bei einem neuen Fall zeitlich oder hinsichtlich der Anzahl der Beratungen nicht limitiert ist.
  3. Wer eine Unterlassungserklärung mit dem Zusatz einer Aufbrauchfrist abgibt, wonach man davon ausgeht, dass Einverständnis bestünde, anderenfalls um Hinweis bittet, erfüllt nicht die Anforderungen an eine uneingeschränkte und bedingungslos abgegebene Unterlassungserklärung.
  4. Die Gewährung einer Aufbrauchfrist kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die sofortige Beachtung des Unterlassungsgebots unverhältnismäßig wäre. Bei irreführenden Werbemaßnahmen besteht ein Interesse der Allgemeinheit, dass die täuschende Werbung nicht – auch nicht für eine Übergangszeit – in Umlauf gerät. Dürfte die Antragsgegnerin das Werbematerial ungeachtet der Abmahnung gleichwohl verbreiten, liefe der Unterlassungsanspruch weitgehend leer.
  5. Wer sich über die Zulässigkeit einer Anwaltshotline bei einer Rechtsanwaltskammer versichert, dokumentiert eine gewisse Sensibilisierung im Hinblick auf die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Verkaufsförderungsmaßnahmen und kann sich gerade deshalb nicht auf Gutgläubigkeit berufen.
  6. Für die Abgabe einer Unterlassungserklärung ist es nicht erforderlich, dass eine Vollmacht vorgelegt wird. Die Bestimmung des § 174 BGB ist nicht anwendbar, weil die Unterlassungserklärung kein einseitiges Rechtsgeschäft darstellt. In Fällen, in denen der Gläubiger Zweifel an der Vertretungsmacht des Vertreters hat, kann er um einen Nachweis der Vollmacht ersuchen. Erst wenn diesem Ersuchen nicht binnen angemessener Frist entsprochen wird, mögen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Erklärung gerechtfertigt sein.

Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt, Az.: 6 W 27/14
Oberlandesgericht Frankfurt zu Anwaltshotline und unbegrenzter Erstberatung sowie Aufbrauchfrist und uneingeschränkte bedingungslose Unterlassungserklärung

Urteil des Landgerichts Frankfurt, Az.: 3-06 O 75/13
Landgericht Frankfurt zu Anwaltshotline und unbegrenzter Erstberatung sowie Aufbrauchfrist und uneingeschränkte bedingungslose Unterlassungserklärung

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Verfahrensbevollmächtigter

Rauschhofer Rechtsanwälte RA Dr. Hajo Rauschhofer – FA IT-Recht Richard Wagner-Str. 1 – 65193 Wiesbaden – Tel.: 0611/5325395 – Fax: 0611/5325396. Die Kanzlei Rauschhofer Rechtsanwälte berät und vertritt bundesweit im IT- und Internetrecht. Herr Dr. Rauschhofer ist seit 1996 als Rechtsanwalt tätig und darüber hinaus Fachanwalt für Informationstechnologierecht.
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