Internetworld 6/03, S. 18
Im politischen Meinungskampf kommt es im Internet als weltweitem Marktplatz der Meinungen immer wieder zu kritischen Auseinandersetzungen nicht nur mit Parteien, sondern auch mit Unternehmen.
Das nachvollziehbare Interesse des jeweiligen Unternehmens besteht naturgemäß darin, negative Publicity möglichst zu vermeiden.
Spiegelbildlich dazu versuchen Kritiker, ihre Inhalte durch möglichst schlagkräftige Domain-Namen publik zumachen, sodass eine Nutzung solcher Domains immer wieder Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen ist.
Entscheidungen
Während als erstes das Landgericht Berlin (Az. 16 O 33/01) – rechtsfehlerhaft – in der oil-of-elf.de-Entscheidung noch eine unrechtmäßige Verwendung des geschäftlichen Kennzeichen sah, haben inzwischen diverse Gerichte sich mit den entsprechenden Fragestellungen auseinander setzen müssen.
Wie auch das Kammergericht Berlin (Az. 5 U 101/01), das die erstinstanzliche Entscheidung im vorgenannten Rechtsstreit aufhob und eine Verwendung des Kennzeichens im geschäftlichen Verkehr verneinte, bestätigte sich dieser rechtliche Ansatz auch in den Entscheidungen der Landgerichte Bremen – bsagmeckerseite.de (Az. 12 O 383/02), LG Essen, castor.de (11 O 96/02) und Hamburg – stoppesso.de (Az. 312 O 280/02). Das letztgenannte Gericht führte diesbezüglich aus: „Die Antragstellerinnen müssen sich jedoch wie alle in der Öffentlichkeit agierenden Personen oder Unternehmen eine kritische Befassung gefallen lassen und können nicht verhindern, dass dabei auch Marke und Unternehmensname in Bezug genommen werden“.
Urteilsanalyse
Zwar besteht grundsätzlich ein Namensschutz gem. 12 BGB, sodass ein „Grabben“ der mit dem Unternehmensnahmen zeichenidentischen Domain unzulässig bleibt.
Eine entsprechend sinnhafte Ergänzung wie bei stoppesso.de oder gar mit kreativen Überschuss bei oil-of-elf.de beseitigt indes den Vorwurf einer Namensrechtsbestreitung. Zudem findet das Markenrecht mangels Verwendung eines Kennzeichens im geschäftlichen Verkehr regelmäßig keine Anwendung, sodass grundsätzlich eine kritische Auseinandersetzung über entsprechende Domains zulässig ist.
Unabhängig von der inhaltlichen Auseinandersetzung auf einer Webseite findet die durch eine Domain unmittelbar wiedergegebene Kritik jedoch ihre Grenze in den guten Sitten, sodass herabsetzende Schmähkritik, wie z. B. bei LG Düsseldorf – scheiss-t-online.de (Az.: 2a O 245/01), unzulässig ist.
Praxistipp
Für private Anbieter solcher Kritikseiten wurde mit diesen Entscheidungen eine gewisse Rechtssicherheit geschaffen, wobei es in Grenzfällen zum einen immer auf eine Einzelfallwürdigung ankommen kann, zum anderen derjenige, der eine Auseinandersetzung mit wirtschaftlich potenten Unternehmen eingehen möchte, zuvor das wirtschaftliche Risiko abzuwägen hat.
Für die betroffenen Unternehmen ist es hier schwer, eine praktikable und praxisnahe Empfehlung zu geben, da angesichts der Vielfalt denkbarer Wortkombinationen eine Blockadereservierung unangemessen und im Ergebnis sinnlos erscheinen dürfte. Da es sich indes nicht immer nur um private Teledienste, sondern auch um redaktionelle Mediendienste im Sinne des Mediendienstestaatsvertrages handeln kann, bleibt neben der Möglichkeit, bei nachweislich unzutreffender Darstellung Unterlassungs- oder Widerrufsansprüche geltend zumachen auch der Anspruch auf Gegendarstellung gemäß § 14 Mediendienstestaatsvertrag.
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