Der Kampf im Internet um die Gunst der Nutzer hat angesichts der Flaute am Neuen Markt an Härte zugenommen. Bedingt durch die Flut von Anbietern ist es für das Überleben eines (nur) im Internet tätigen Unternehmens von essentieller Bedeutung, sich gegenüber Mitbewerbern zu positionieren und seine Marke vor Verwässerung zu schützen. Nur durch eine starke und bekannte Marke ist gewährleistet, dass sich Nutzer an diese erinnern und zu der Website des Anbieters zurückkehren. Voraussetzung dafür ist die Übereinstimmung des Domain-Namens mit der Marke bzw. dem Unternehmenskennzeichen.
I. Auf der anderen Seite treten in letzter Zeit „Abmahnwellen“ auf, im Rahmen derer Unternehmen versuchen, sämtliche Domains zu erhalten, die nur einen Teil einer Marke mit vergleichsweise geringer Unterscheidungskraft oder gar beschreibendem Inhalt enthalten, auch wenn der Abgemahnte in einem anderen Feld tätig ist. Hervorgetan haben sich hier insbesondere der Deutsche Lottoblock und Scout24, die mehrere hundert Abmahnungen versandt haben sollen.
Bemerkenswert an dem Vorgehen sind Berichte wonach regelmäßig eher finanzschwache Unternehmen oder Privatpersonen angegangen werden, Größere dagegen verschont bleiben.
Klarstellend sei an dieser Stelle erläutert, dass im bunten Spektrum des sog. Domain-Rechts auch häufig Domains besetzt werden, für die Markeneintragung vorliegen, um dann Kasse zu machen. Demgemäss begegnet auch ein massives Vorgehen gegen das sog. Domain-Grabbing, das auch als „Cybersquatting“ bezeichnet wird, keinen Bedenken.
Zu Recht haben diverse Gerichte daher, genannt seien LG Frankfurt – weideglueck.de, LG München I – champagner.de – die Verpflichtung zur Übertragung der Domain, das LG Wiesbaden z.de bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren, angeordnet. In diesem Sinne hat auch das LG München II in der „Lösegeldforderung“ zur Übertragung einer Domain eine strafbare Expressung erblickt.
II. Die eingangs beschriebenen Fälle unterscheiden sich vom Domain-Grabbing darin, dass ein Domain-Inhaber einen vergleichsweise allgemeinen Begriff als Teil seiner Domain verwendet, dort eine Internet-Präsenz für einen anderen Bereich aufbaut und vom Inhaber einer Marke auf Unterlassung und Freigabe in Anspruch genommen wird.
Da häufig Unkenntnis über die Voraussetzungen eines solchen markenrechtlichen Anspruchs besteht, gibt diese aktuelle Fallkonstellation Anlass, kurz die Anspruchsvoraussetzung zu beleuchten und darzustellen, dass Markenrechten eventuell auch Rechte aus der Domain entgegengesetzt werden können.
1.
Das Markenrecht bzw. Recht der geschäftlichen Bezeichnung gibt dem Inhaber das ausschließliche Recht am geschützten Kennzeichen. Er kann sich gegen die Verwendung eines identischen oder verwechslungsfähigen Zeichens zur Wehr setzen oder bei bekannten Marken sich gegen die Ausnutzung der Wertschätzung verteidigen.
Wird ein ausschließliches Recht im geschäftlichen Verkehr verletzt, stehen dem Rechtsinhaber die sich aus den §§ 14 ff. Markengesetzes ergebenden Ansprüche zu.
Der Inhaber kann den Verwender des Konfliktzeichens auf Unterlassung in Anspruch nehmen (§ 14 Abs. 5 bzw. § 15 Abs. 4).
Wird die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen, ist der Verletzer dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet (§ 14 Abs. 6 bzw. § 15 Abs. 6).
a)
Voraussetzung für sämtliche Ansprüche ist ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, sodass sich der Rechteinhaber gegen die Verwendung einer Marke im Privatbereich nicht zur Wehr setzen kann.
Grundsätzlich wird als Handeln im geschäftlichen Verkehr jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt verstanden, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist (Fezer, § 14, Rz. 41). Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr beginnt allerdings schon mit Schaltung von Werberbannern auf der privaten Homepage (LG Hamburg MMR 2000, S. 436 – „luckystrike.de“).
Soweit ein Anbieter auf seiner Website ein Gewerbe betreibt, sei es auch nur eine aus Bannerwerbung finanzierte Datenbank, findet das Markenrecht dem Grunde nach Anwendung.
b)
Des weiteren bedarf es für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Verwechslungsgefahr. Für die zu beurteilende Verwechslungsgefahr ist entscheidend, in welchem Näheverhältnis eine Marke oder Unternehmenskennzeichen zu den jeweiligen Waren oder Dienstleistungen bzw. der Branche des anderen Unternehmens steht und wie groß der Abstand der jeweiligen Zeichen ist. Je näher ein Tätigkeitsbereich an die als Marke eingetragene Dienstleistungen heranreicht, umso größer muss der Abstand des Zeichens sein und vice versa. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr des Zeichens sind neben der Würdigung der Schreibweise und der optischen Beurteilung auch phonethische Aspekte maßgeblich, so dass in einer optisch modifizierten Schreibweise meist keine maßgebliche Änderung in der Bewertung zu erblicken ist.
Liegt demgegenüber zwar Zeichenidentität vor, handeln aber beide Unternehmen in einem völlig unterschiedlichen Bereichen, so fehlt es an der Verwechslungsgefahr und folgerichtig auch an einem Anspruch.
So entschied auch das Oberlandesgericht Frankfurt/M. in der Sache alcon.de (Urteil vom 04.05.2000, Az.: 6 U 81/99), dass wegen des Fehlens der Branchennähe ein Anspruch aus dem Unternehmenskennzeichen einer Firma gemäß §§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG zu verneinen sei. Das Gericht stützte seine Entscheidung insbesondere darauf, dass mangels entsprechender Branchennähe eine Verwechslung nicht bestünde. Mögliche Zuordnungsschwierigkeiten oder Fehlurteile im Internet, etwa bei der Einschaltung von Suchmaschinen, könnten die fehlende Anspruchsvoraussetzung einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr dabei nicht ersetzen.
Angewendet auf die angesprochenen Fallkonstellationen bedeutet dies, dass Unterlassung und gleichzeitig Kostenerstattung erst verlangt werden kann, wenn das Unternehmen und der Domain-Inhaber im selben Bereich tätig sind. Anderenfalls kann die Abmahnung als unbegründet zurückgewiesen werden.
2.
Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Inhaber einer Domain, wenn er diese für eine Homepage nutzt, auf der er eine Unternehmung betreibt, auch dafür einen kennzeichenrechtlichen Schutz erlangen kann.
Wie bei der Eröffnung eines Geschäfts in der körperlichen Welt kann der „Eröffnung“ einer unternehmerischen Website der Schutz als Unternehmenskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 2 MarkenG zur Seite stehen. Mit der Aufnahme einer solchen Tätigkeit beginnt der Schutz der Domain als Unternehmenskennzeichen. Wenn die Tätigkeit erkennbar auf bundesweite Kunden abzielt oder dies geplant ist, erstreckt sich der territoriale Schutz regelmäßig auf ganz Deutschland, so dass ein prioritätsälterer Inhaber eines solchen Unternehmenskennzeichen, das mit der Domain zeichengleich ist, selbst gegen eine prioritätsjüngere Marke vorgehen kann, soweit die übrigen Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr erfüllt werden.
Es bringt aus diesen Aspekten folglich auch nichts, eine Marke mit dem Ziel einzutragen, die Domain nach Eintragung der Marke herauszufordern. Eine solche Markenanmeldung würde je nach Einzelfall als bösgläubig i.S.d. § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG anzusehen sein und einen Antrag auf Löschung ggf. auch rechtfertigen.
III. Aus Vorstehendem ergibt sich, dass es stets der sorgfältigen Prüfung des Falles bedarf. Nur aus einem ähnlichen oder identischen Kennzeichen allein folgt noch nicht ein Anspruch auf Unterlassung oder gar Zahlung der Anwaltskosten.
Auf der anderen Seite gibt es ebenso viele Fälle, bei denen ein Domain-Inhaber keine sachliche Rechtfertigung für die Reservierung einer mit einer Marken identischen Domain vorweisen kann.
Der Ruf nach einer gesetzlichen („Neu“)-Regelung erscheint insgesamt nicht angebracht, da sich kennzeichenrechtlichen Konflikte – notfalls auch gerichtlich – mit den Instrumenten von Marken- und Namensrechten sowie dem Recht der unerlaubten Handlung bewältigen lassen.
Insoweit dürfte auch die Goldgräberstimmung, die nicht zuletzt dadurch ausgelöst wurde, das anfangs Richter mit dem Tatbestand Internet und den technischen Voraussetzung von Domain, URL, IP, etc., nicht zurecht kamen, vergangen sein.
Die meisten Land- zumindest aber Oberlandesgerichte haben zwischenzeitlich sowohl im technischen Bereich aufgeholt und rechtlich erkannt, wie sich Domains und Recht zueinander verhalten. Überdies – so scheint es – haben einige Kammern und Senate dafür ein Gespür entwickelt, herauszubekommen, wenn ein Domain-Inhaber in Kenntnis der rechtlichen Voraussetzungen versucht, sich einer Inanspruchnahme zu entziehen.
Zur Thematik:
Wird Geschäftemachern mit Markennamen ein Riegel vorgeschoben? –
Beitrag in der Computerwoche CW 43/99, S. 94
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