I. Einleitung
Das sogenannte Domainrecht, das im Kern die Fragestellung nach Ansprüchen aus Marken- oder Unternehmenskennzeichnungsrecht, Namensrecht sowie aus unerlaubter Handlung beinhaltet, wird nach anfänglichen Unsicherheiten einzelner Gerichte durch die deutsche Jurisdiktion zunehmend in klare Bahnen gelenkt. Die Besonderheit der rechtlichen Situation – die technischen Konstellationen werden als bekannt vorausgesetzt – liegt darin, dass anders als bei Markeneintragungen für Domains eine Zeichenfolge unter der jeweiligen Toplevel-Domain nur einmal vergebenen werden kann. Neben den hinlänglich bekannten Fällen des Domain-Grabbings liegt daher der wichtigste Anwendungsfall im Konflikt zwischen Unternehmen mit ähnlicher oder identischer Unternehmenskennzeichnung. Hinzukommt die noch immer nicht abschließend geklärte Frage nach der Zulässigkeit von beschreibenden Begriffen als Domain-Namen. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung für Unternehmen, sich und ihre Produkte über das Internet zu kommunizieren, sollen nachstehend die Anspruchsvoraussetzungen für Unterlassung der Verwendung sowie Freigabe einer Domain in aller Kürze anhand einiger Beispiele aus der Rechtsprechung beleuchtet werden erläutert.
II. Ansprüche
Zwischenzeitlich ausnahmslos anerkannt ist, dass Domains, wenn sie gut gewählt sind, die Funktion der geschäftlichen Individualisierung und Identifizierung eines Wirtschaftsunternehmens erfüllen (LG Magdeburg – foris.de).
1. Markenrecht
Das Markenrecht bzw. Recht der geschäftlichen Bezeichnung gibt dem Inhaber das ausschließliche Recht am geschützten Kennzeichen. Er kann sich gegen die Verwendung eines identischen oder verwechslungsfähigen Zeichens zur Wehr setzen oder bei bekannten Marken sich gegen die Ausnutzung der Wertschätzung verteidigen. Wird ein ausschließliches Recht im geschäftlichen Verkehr verletzt, stehen dem Rechtsinhaber die sich aus den §§ 14 ff. Markengesetzes ergebenden Ansprüche zu. Der Inhaber kann den Verwender des Konfliktzeichens auf Unterlassung in Anspruch nehmen (§ 14 Abs. 5 bzw. § 15 Abs. 4). Wird die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen, ist der Verletzer dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet (§ 14 Abs. 6 bzw. § 15 Abs. 6).
Voraussetzung für sämtliche Ansprüche ist ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, sodass sich der Rechteinhaber gegen die Verwendung einer Marke im Privatbereich grundsätzlich nicht zur Wehr setzen kann. Als Handeln im geschäftlichen Verkehr wird jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt verstanden, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist (Fezer, Markenrecht, § 14, Rz. 41). Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr beginnt bereits mit Schaltung von Werberbannern auf der ansonsten privaten Homepage (LG Hamburg MMR 2000, S. 436 – „luckystrike.de“).
a) Verwechslungsgefahr
Des weiteren bedarf es für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Verwechslungsgefahr. Für die zu beurteilende Verwechslungsgefahr ist entscheidend, in welchem Näheverhältnis eine Marke oder Unternehmenskennzeichen zu den jeweiligen Waren oder Dienstleistungen bzw. der Branche des anderen Unternehmens steht und wie groß der Abstand der jeweiligen Zeichen ist. Je näher ein Tätigkeitsbereich an die als Marke eingetragene Dienstleistungen heranreicht, umso größer muss der Abstand des Zeichens sein und vice versa. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr des Zeichens sind neben der Würdigung der Schreibweise und der optischen Beurteilung auch phonethische Aspekte von Bedeutung, so dass in einer optisch modifizierten Schreibweise meist keine maßgebliche Änderung in der Bewertung zu erblicken ist.
Liegt demgegenüber zwar Zeichenidentität vor, handeln aber beide Unternehmen in einem völlig unterschiedlichen Bereich, so fehlt es an der Verwechslungsgefahr und folgerichtig auch an einem Anspruch. So entschied dazu das Oberlandesgericht Frankfurt/M. in der Sache alcon.de (Urteil vom 04.05.2000, Az.: 6 U 81/99), dass wegen des Fehlens der Branchennähe ein Anspruch aus dem Unternehmenskennzeichen einer Firma gemäß §§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG zu verneinen sei. Das Gericht stützte seine Entscheidung insbesondere darauf, dass mangels entsprechender Branchennähe eine Verwechslung nicht bestünde. Mögliche Zuordnungsschwierigkeiten oder Fehlurteile im Internet, etwa bei der Einschaltung von Suchmaschinen, könnten die fehlende Anspruchsvoraussetzung einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr dabei nicht ersetzen. Dieser streng markenrechtliche Ansatz wird inzwischen von den meisten Gericht vertreten.
b) Verwässerungsgefahr
Etwas anderes gilt im Markenrecht allerdings dann, wenn es sich um eine bekannte oder berühmte Marke im Sinne des § 15 Abs. 3 MarkenG handelt. Hier spricht man von der Verwässerungsgefahr. Genannt seien hier die Entscheidungen „ufa.de“, oder „zwilling.de“ (OLG Karlsruhe Urteil v. 24..6.1998, Az.: 6 U 247/97), wobei in diesem Zusammenhang die Leitentscheidung des OLG Hamm – „krupp.de“ – zu erwähnen ist. Hier wurde der Firma Krupp wegen der überragenden Verkehrsgeltung ihres Unternehmenskennzeichnens das bessere Recht gegenüber dem Namensrechtsinhaber, also Herrn Krupp, zugesprochen. Ebenso entschied das OLG München in der Sache „shell.de“ gegen den Träger des natürlichen Namens wegen der überragenden Bekanntheit des Kennzeichens. Zusammenfassend sind zu diesem Komplex neben den Genannten die thematisch einschlägigen Entscheidungen wie Landgericht Frankfurt – „das.de“ -, Landgericht Düsseldorf – „ufa.de“ -, Landgericht Mannheim – „brockhaus.de“ -, Landgericht Nürnberg-Fürth – „big.de“ – oder Landgericht Stuttgart – „hepp.de“ – von Relevanz. Allensamt ist gemein, dass der Inhaber des besseren Marken- oder Unternehmenskennzeichnungsrecht die Übertragung bzw. Unterlassung der Domainbenutzung verlangen kann.
c) Domain als Unternehmenskennzeichen
Ferner wird vertreten, dass der Inhaber einer Domain, wenn er diese für eine Homepage nutzt, auf der er eine Unternehmung betreibt, auch dafür einen kennzeichenrechtlichen Schutz erlangen kann. Wie bei der Eröffnung eines Geschäfts in der körperlichen Welt kann der „Eröffnung“ einer unternehmerischen Website der Schutz als Unternehmenskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 2 MarkenG zur Seite stehen. Mit der Aufnahme einer solchen Tätigkeit beginnt der Schutz der Domain als Unternehmenskennzeichen. Wenn die Tätigkeit erkennbar auf bundesweite Kunden abzielt oder dies geplant ist, erstreckt sich der territoriale Schutz regelmäßig auf ganz Deutschland, so dass ein prioritätsälterer Inhaber eines solchen Unternehmenskennzeichen, das mit der Domain zeichengleich ist, selbst gegen eine prioritätsjüngere Marke vorgehen kann, soweit die übrigen Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr erfüllt werden.
2. Namensrecht
Nicht zu unterschätzen sind des weiteren Konflikte zwischen Unternehmen und Privatpersonen, wenn das Unternehmenskennzeichen mit dem natürlichen Namen zeichenidentisch ist. Außer in den bisher entschiedenen und oben genannten Fällen berühmter Unternehmen, dürfte der Schutz für beide als gleichwertig angesehen werden, infolge dessen kein Freigabeanspruch gegen private Domain-Inhaber besteht (LG Paderborn, Urteil v. 1.9.1999, 4 O 228/99).
3. Internationaler Schutz und WIPO-Verfahren
Für den internationalen Bereich muss die Rechtsprechung der jeweils nationalen Toplevel-Domains, zum Beispiel Frankreich wie der Fall eBay./.IBazar zeigt, ebenfalls als schwer prognostizierbar bewertet werden, da sich die lokale Rechtsprechung teilweise andere Kriterien als entscheidungserheblich erachtet als deutsche Gerichte. Streitigkeiten um .com-, net- und .org-Domains sowie einigen wichtigen ccTLDs wie .ag oder .tv können vor dem WIPO Arbitration and Mediation Center nach der Domain Name Dispute Resolution verhandelt werden und führen bei eindeutigen Rechtsverletzungen zu vergleichsweise schnellen Ergebnissen. Kommt einem ausländischen Unternehmen an einer Domain ein mit dem Antragsteller zumindest gleichwertiges Recht zu, wird auch hier keine Freigabe zu erzielen sein, so dass es bei dem Urprinzip des „first come first serve“ verbleibt.
III. Kostenrisiko und Zusammenfassung
Vorstehende Ausführungen können selbstverständlich nur einen kleinen Ausschnitt aus einer vielschichtigen Problematik beleuchten, bei der es zudem im Rahmen der konkreten Fallkonstellation häufig auf die rechtliche Bewertung des erkennenden Gerichtes ankommt. Soweit es sich nicht um klare Fälle des Domain-Grabbings handelt, dem diverse Gerichte inzwischen deutlich eine Absage erteilt haben und zuletzt das Landgericht in Wiesbaden die Freigabe einer Domain bereits im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahren zubilligte, ist das Risiko bei Auseinandersetzungen nicht zu unterschätzen.
Als Streitwert bei Auseinandersetzungen um Domains wird üblicherweise ein Betrag von einhundert bis dreihunderttausend DM in Ansatz gebracht, infolge dessen bereits in der ersten Instanz ein Kostenrisiko von mindestens rund achtzehntausend DM besteht. Zur strategischen Entwicklung eines Unternehmens oder eines Produkts gehört daher neben dem Markenschutz die gleichzeitige Sicherung der jeweiligen Domains für die relevanten Länder, um langwierige Auseinandersetzungen und den daraus folgenden Opportunitätskosten zu entgehen.
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