Jedem Internetnutzer ist zwischenzeitlich geläufig, dass Unternehmen wie Einzelpersonen sich im Internet neben ihrer Namensbezeichnung auch mit Gattungsbezeichnungen präsentieren.
So finden sich im hart umkämpften Bereich der Online-Reise-Anbieter Domains wie “flug.de”, “reise.de”, “last-minute.de” etc. Vergleichbare Gattungsbezeichnung finden sich beispielsweise für Klebstoff (“klebstoff.de”) oder “buecher.de” sowie “buch.de”. Die Liste der sogenannten “generischen Domains” ist lang.
Bisher haben Gerichte, die sich im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren mit der Frage zu befassen hatten, ob die Nutzung eines solchen Allgemeinbegriffes gegen Wettbewerbsrecht verstößt, eine Wettbewerbswidrigkeit verneint (LG München, Az.: 17 HKO 3447/97 – “sat-shop.com”) oder konnten eine Wettbewerbswidrigkeit im Eilverfahren ohne Aufklärung der Nutzergewohnheiten im konkreten Fall nicht feststellen (OLG Frankfurt am Main, Az.: 6 W 5/97 – “wirtschaft-online.de”).
Nach der zwischenzeitlich eingekehrten Ruhe in diesem Segment des Online-Rechts entschied nunmehr das Hanseatische Oberlandesgericht in einem Hauptsacheverfahren mit Urteil vom 13.07.1999 (Az.: 3 U 58/98), dass die Verwendung eines Gattungsbegriffs zu einer wettbewerbswidrigen Kanalisierung der Kundenströme und faktischen Monopolisierung des Gattungsbegriffs im Internet führe.
Im konkret entschiedenen Fall “mitwohnzentrale.de” sah das Hamburger Gericht durch die Verwendung dieser Gattungsbezeichnung eine nach § 1 UWG wettbewerbswidrige Behinderung des Leistungswettbewerbs, zu deren Unterlassung die Beklagte verpflichtet wurde.
Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, dass die angegriffene Domainbezeichnung zu einer unlauteren Absatzbehinderung durch ein “Abfangen” von (potentiellen) Kunden führe, die sich ohne detaillierte Kenntnis der konkreten Anbieter das Leistungsangebot erschließen wollen. Diese gelangten durch Eingabe der Gattungsbezeichnung (zufällig) auf die Homepage der Beklagten und würden sodann die Suche nach anderen Wettbewerbern und damit einem weiteren Leistungsvergleich einstellen.
Im Unterschied zum Oberlandesgericht Frankfurt (“wirtschaft-online”), das im Rahmen des Eilverfahrens ohne Aufklärung der Nutzergewohnheiten die Frage eines Kanalisierungseffektes bei beschreibenden Domains nicht beantworten konnte, urteilte das hier entscheidende Gericht aus eigener Sachkunde: Es stellte dazu fest, dass es “den Internetnutzer” wegen der mit dem weltweiten Medium zwangsläufig verbundenen Unüberschaubarkeit der Nutzergruppen nicht gäbe. Dennoch könne der Maßstab für die Feststellung des Verhaltens der maßgeblichen Verkehrskreise nicht ein einheitliches Verhalten sein. Vielmehr reiche es für eine wettbewerbswidrige Behinderung aus, wenn zumindest ein nicht unerheblicher Teil der Internetnutzer den Zugang zu Homepages nicht mittels einer Suchmaschine, sondern über die Direkteingabe der Internetadresse versuche. Eine solche tatsächliche Übung der Nutzergewohnheiten maßgeblicher Verkehrskreise läge vor. Dies vermöge der Senat des entscheidenden Gerichts auch ohne die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus eigener Sachkunde zu entscheiden. Die wettbewerbswidrige Kanalisierung der Kundenströme gründe sich daher maßgeblich darauf, dass durch die unlautere Verwendung eines eingeführten Branchenbegriffs den Interessenten ein möglichst einfacher Weg zur Homepage des Anbieters geboten und anschließend die Bequemlichkeit wesentlicher Teile der Verbracher ausgenutzt würde, die sich nach Auffinden nicht mehr die Mühe machten, die Seite des Anbieters wieder zu verlassen, um nach Alternativangeboten zu suchen.
Mit dieser für Allgemeinbegriffe bisher einmaligen Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts besteht nunmehr ganz erhebliche Ungewißheit, inwieweit die Benutzung von Gattungsbezeichnungen zulässig ist. Folgt man der Ansicht des entscheidenden Gerichts, so dürften die Domains “flug.de” oder “last-minute.de” ebenfalls nicht mehr für einzelne Anbieter ohne klarstellenden Zusatz genutzt werden.
Wegen der Vielzahl der tatsächlich durch die Branchenverschiedenheit existierenden Gattungsbegriffe steht zu befürchten, daß durch diese Entscheidung ein neuer “Krieg der Domainrechte” anbricht. Denkbar wäre, dass nunmehr beispielsweise jeder Anbieter die Verwendung des entsprechenden Gattungsbegriffs durch Mitbewerber als Domain nach der Rechtsprechung der Hanseatischen Oberlandesgerichts untersagen lassen könnte.
Vor dem Hintergrund der divergierenden Entscheidungen aus München und Frankfurt bleibt demnach abzuwarten, ob ein Hauptsacheverfahren bis zum Bundesgerichtshof durchgeführt werden wird, um diesbezüglich Klarheit zu geben.
Im Ergebnis bleibt allerdings festzuhalten, dass bis dahin nach Ansicht des Verfassers eine lebhafte Prozeßtätigkeit einsetzen wird.
Rauschhofer Social