Gliederung

A. Einleitung
I. Wirtschaftlich-technische Situation
II. Rechtliche Problemstellung und Fallbeispiel
B. Fallösung
I. Anwendbares Recht
1. Niederlassung in Vertragsstaat
2. Grenzüberschreitender gewerblicher Warenkauf
a) Überlassung von Software als Warenkauf
b) Online-Abruf von Software als Warenkauf
c) Gewerblicher Warenkauf
II. Vertragsschluß
1. Vorbehalt
2. Elektronische Willenserklärungen
a) Angebot durch Bereitstellung auf Homepage
b) Angebot durch E-Mail-Bestellung
c) Annahme durch E-Mail 11
III. Schadensersatzanspruch
1. Vertragsverletzung
2. Rechtzeitige Rüge
a) Inhalt
b) Form
aa) Variante A: Formlos
bb) Variante B: Schriftformklausel in AGB von NetSoft
(1) Schriftform
(2) Entschuldigung
c) Rechtzeitigkeit
d) Fallvariante C
C. Zusammenfassung

I. Einleitung

1. Wirtschaftlich-technische Situation

Das Internet hat in den letzten Jahren durch das World Wide Web (WWW) zunächst als Unterhaltungsmedium an Bedeutung gewonnen. Nunmehr ist das Internet vor allem im Bereich des Electronic Commerce, also dem elektronischen Handel über das Internet, zu einem festen Bestandteil für den Absatz von Waren und Dienstleistungen geworden.

Für das Jahr 2000 wird prognostiziert, daß bundesweit Waren und Dienstleistungen im Wert von 6,9 Milliarden Mark über elektronische Datennetze verkauft werden. Weltweit soll im kommenden Jahr das Umsatzvolumen 700 Milliarden US-Dollar erreichen.

Für den Warenabsatz bedeutet die weltumspannende Vernetzung von unzähligen Computern und eigenständigen Computernetzwerken, daß vom PC nicht nur jegliche Art von Information abrufbar und über das WWW als Vertriebsweg Waren bestellbar sind. Darüber hinaus ermöglicht das Internet als logistischer Kanal die Lieferung digitalisierbarer Güter. Allen voran läßt sich hier der Bereich des Softwarevertriebs nennen. Nutzer können von jedem Ort der Welt Software von Anbietern unabhängig von deren Standort erwerben.

Der technische Ablauf gestaltet sich regelmäßig dahingehend, daß der Nutzer zunächst von der Homepage des Anbieters eine sogenannte Demo-Version abruft. Diese Demo-Version soll dem Nutzer als potentiellen Käufer die Überprüfung des Produkts ermöglichen und enthält meist entweder einen reduzierten Funktionsumfang und/oder eine zeitlich limitierte Anwendungsmöglichkeit. Dadurch wird einerseits die schnelle und unkomplizierte Verbreitung erreicht, und andererseits dem potentiellen Kunden die Möglichkeit gegeben, das Produkt kostenlos und unverbindlich eingehend testen zu dürfen, um im Anschluß daran entscheiden zu können, ob er es erwerben möchte.

Die Beschränkung des Funktionsumfangs wird durch den Anbieter aufgehoben, sobald der Nutzer den vereinbarten Preis entrichtet. Dies erfolgt bargeldlos – entweder durch unmittelbare „elektronische“ Zahlung oder Angabe der Kreditkartendaten.

Nach erfolgter Zahlung übermittelt der Anbieter regelmäßig per E-Mail einen Freischaltungscode durch den der Nutzer den vollen Funktionsumfang der Software erhält.

Das Besondere an dieser orts- und zeitunabhängigen Art des Leistungsaustausches ist, daß keine verbalen oder handschriftlichen Erklärungen erforderlich sind.

In der Praxis führt dies jedoch zum Problem, wenn die Leistung nicht den Erwartungen entspricht, insbesondere mangelhaft ist.

Da Bestellungen über politische Staatsgrenzen hinweg abgewickelt werden, ergibt sich dadurch das Problem des anwendbaren Rechts für die Durchsetzung eines Gewährleistungsanspruches. Kommt es bei dem beschriebenen Abruf einer Homepage nachfolfend zu einer Bestellung, ist von Interesse, ob ein Vertrag geschlossen wurde und welche Vorschriften auf den Vertrag Anwendung finden.

2. Rechtliche Problemstellung und Fallbeispiel

Für die Durchsetzung von Ansprüchen soll die Thematik entsprechend des für Unternehmen in der Praxis bedeutsamen Komplexes von gewerblichen Softwaretransaktionen über das Internet behandelt werden.

Die Rechtsverhältnisse solcher grenzüberschreitender Bestellungen regeln sich nach dem seit 1.1.1991 geltenden UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf (Convention on Contracts for the Sale of Goods – abgek.: CISG) soweit der Anwendungsbereich gegeben ist.

Zur Veranschaulichung soll nachstehendes Fallbeispiel dienen:

Auf der Homepage der in der Schweiz ansässigen Firma NetSoft wird das Programm „FiBuMaster“ angeboten. Dabei handelt es sich um eine Standartsoftware für die Finanzbuchhaltung, die in einer zeitlich und im Funktionsumfang limitierten Testversion zum Download angeboten wird.

Der Geschäftsführer der deutschen Impex GmbH lädt diese Software herunter und installiert sie. Nach einer kurzen Testphase sendet Impex an NetSoft per E-Mail eine Bestellung der Software unter Angabe der Kreditkartendaten zur Zahlungsabwicklung.

Im Gegenzug übersendet NetSoft am nächsten Tag an Impex per E-Mail den Freischaltungscode, so daß „FiBuMaster“ uneingeschränkt funktionsfähig wird.

Zwei Wochen später stellt sich im Rahmen einer Innenrevision heraus, daß alle mit „FiBuMaster“ gefertigten Rechnungen Additionsfehler zuungunsten von Impex aufweisen.

Impex sendet darauf an NetSoft ein E-Mail, in der es die Additionsfehler rügt und begehrt Schadensersatz wegen des Ihr daraus unstreitig entstandenen Schadens.

Für die Übersendung der E-Mail-Rüge sollen nun drei Fallvarianten unterstellt werden:

Var. A: Die E-Mail-Rüge geht fehlerfrei zu und NetSoft weist die Ansprüche zurück.

Var. B: In den Vertragsbestandteil gewordenen AGB von NetSoft wurde die Schriftform der Mängelrüge festgelegt. Impex hat diese Schriftformklausel jedoch überlesen.

Var. C: Impex rügt per E-Mail, das E-Mail-Programm gibt den Status „gesendet“, erhält jedoch über zwei Monate keine Antwort und rügt dann erneut unter Beifügung der zuerst versandten E-Mail. NetSoft weist die Ansprüche wegen Verspätung zurück und behauptet, eine erste E-Mail nicht erhalten zu haben. Impex kann das Absenden der E-Mail beweisen.

B. Fallösung

Der eben beschriebene Fall kennzeichnet die sich in der Praxis stellende Problematik des Online-Kaufes über Staatsgrenzen hinweg.

Wie bereits angesprochen, kommt eine Beurteilung der Rechtslage nach dem CISG in Betracht, das gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 EGBGB als völkerrechtliche Vereinbarung dem Internationalen Privatrecht (IPR) vorgeht und unmittelbar deutsches Recht darstellt.

Es ist daher zu prüfen, ob Impex gegen Netsoft ein Anspruch auf Schadensersatz zur Seit steht.

Anspruchsgrundlage bei einer mangelhaften Leistung wäre im vorliegenden Fall Art. 45 Abs. 1 b) i.V.m. Art. 74 CISG. Voraussetzung dafür ist die Anwendbarkeit des CISG.

I. Anwendbares Recht

Das CISG als nationales Recht findet unabhängig davon Anwendung, ob die Parteien das Abkommen kennen.

1. Niederlassung in Vertragsstaat

Voraussetzung für eine Anwendung des UN-Kaufrechts ist nach Art. 1 Abs. 1 CISG, daß es sich um Parteien handelt, deren Niederlassung in verschiedenen Staaten liegt.

Im vorliegenden Fall hat NetSoft seine Niederlassung in der Schweiz, Impex seine in Deutschland, so daß vorgenannte Voraussetzung erfüllt ist.

Weiterhin müssen nach Art. 1 Abs. 1 lit. a) CISG beide Staaten Vertragsstaaten sein. Auch dies ist gegeben, da Deutschland und die Schweiz das CISG unterzeichnet haben.

2. Grenzüberschreitender gewerblicher Warenkauf

Weiterhin müßte es sich um einen grenzüberschreitenden gewerblichen Warenkauf handeln.

a) Überlassung von Software als Warenkauf

Diskutiert hierbei wurde, ob bei der Überlassung von Software auf Datenträgern das Kriterium eines Warenkaufs gegeben ist.

Die herrschende Meinung im Schrifttum, wie auch die Rechtsprechung geht davon aus, daß bei der Überlassung von Standart-Software auf Datenträgern ein Kaufvertrag über Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 1 CISG vorliegt, so daß diese Thematik keiner erneuten Erörterung bedarf.

b) Online-Abruf von Software als Warenkauf

Fraglich jedoch ist für den vorliegenden Fall, ob der Warenbegriff nach Art. 1 Abs. 1 CISG auch erfüllt ist, wenn die Software nicht auf einem körperlichen Speichermedium übergeben wird, sondern direkt vom Rechner von NetSoft auf den von Impex überspielt wird. Als Kernproblem folgt daraus, ob die unkörperliche Verschaffung der Software als „Ware“ i.S.d. CISG zu behandeln ist.

Auch hier finden sich bereits diverse Diskussionsbeiträge.

Die eine Ansicht begründet eine Ablehnung des Warenbegriffs und, daß am Erfordernis der Körperlichkeit festzuhalten sei im wesentlichen mit dem Ausschluß elektrischer Energie nach Art. 2 lit. f) CISG. Daraus solle folgen, daß unkörperliche Güter generell nicht unter das CISG fallen.

Ebenso wird für die enge Auslegung des Warenbegriffs auf körperliche Güter angeführt, daß dieser dem Verständnis des allgemeinen Warenverkehrs entspreche.

Dieser Auffassung wird entgegengehalten, daß sich sowohl aus dem Wortlaut als auch der Geschichte des CISG ergäbe, daß die textliche Änderung des CISG gegenüber dem früher geltenden EKG und EAG von „objets mobiliers“ (bewegliche Sachen) durch „marchandises“ (Waren) ersetzt wurde. Bei der erforderlichen Auslegung ist dabei nicht die deutsche Fassung, sondern sind vielmehr die sechs Originalsprachen maßgeblich. Durch die damit nunmehr vorgenommene Veränderung liegt es Nahe, den Warenbegriff vor allem dann nicht auf körperliche Sachen zu beschränken, wenn der Erwerber aufgrund unkörperlicher Verschaffung im Ergebnis dasselbe Gut erhält, und dabei nur eine andere Übertragungsform gewählt wird. Zentrales Merkmal sei demnach nicht das Vorliegen einer „Ware“, sondern eines „Kaufs“.

Nach der hier vertretenen Auffassung verdient der Lösungsansatz des weiten Warenbegriffs, unter den auch die Überlassung von Software über das Internet fällt, den Vorzug.

Neben den vorgenannten Argumenten ist ergänzend zu berücksichtigen, daß das Leistungsergebnis der Softwareübertragung über das Internet mit der Übergabe von Software in funktionaler Äquivalenz erfolgt. „Funktionale Äquivalenz“ bedeutet eine Gleichartigkeit in Aufgabe oder Wirksamkeit. Beide Vertriebswege als stoffliches wie nichtstoffliches Überlassung stehen in einem substitutiven Verhältnis zueinander, deren Ergebnis in beiden Vertriebsarten identisch ist. Das Merkmal der Körperlichkeit tritt hier in den Hintergrund. Es kann damit nicht darauf ankommen, daß die Software auf einem Datenträger übergeben wird.

Folgerichtig ist es unerheblich, auf welche Weise sich der Erwerber das Programm verschafft, so daß auch die Übertragung von Software über das Internet als Warenkauf einzuordnen ist.

c) Gewerblicher Warenkauf

Schließlich erfolgte der dargestellte Warenkaufes zudem auch grenzüberschreitend und gewerblich, da die Überlassung der Software aus der Schweiz nach Deutschland zwischen zwei Unternehmen erfolgte, die nicht vom Ausschlußtatbestand des Art. 2 lit. a) CISG erfaßt werden.

Die Anwendung des CISG ist somit eröffnet.

II. Vertragsschluß

Die nächste sich stellende Frage ist, ob nach den anzuwendenen Rechtsvorschriften der §§ 14 – 24 CISG ein Vertragsschluß gegeben ist.

1. Vorbehalt

Da weder die Schweiz noch Deutschland einen Vorbehalt gemäß Art. 92 Abs. 1 CISG erklärt haben, nach dem der Teil II des CISG zum Vertragsschluß ausgeschlossen wäre, bleiben die Vorschriften über den Vertragsschluß anwendbar.

2. Elektronische Willenserklärungen

Der Vertragsschluß regelt sich nach Art. 14 Abs. 1 CISG. Ein Vertragsschluß auch im Internet setzt damit zunächst voraus, daß von den Parteien korrespondierende Willenserklärungen abgegeben werden. Für das Zustandekommen von Verträgen ist hierbei die Frage nach dem Anbietenden und dem Annehmenden von Bedeutung.

Es bedarf daher zunächst der Prüfung, ob das im Internet enthaltene „Angebot“ zum Kauf der Software „FibuMaster“ lediglich eine invitatio ad offerendum oder ein bindendes Angebot nach Abs. 1 darstellt.

a) Angebot durch Bereitstellung auf Homepage

NetSoft könnte durch das Bereitstellen der Software „FibuMaster“ im Internet ein Angebot gemacht haben. Nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 CISG stellt der an eine oder mehrere bestimmte Personen gerichtete Vorschlag zum Abschluß eines Vertrages ein Angebot dar, wenn er bestimmt genug ist und den Willen des Anbietenden zum Ausdruck bringt, im Falle einer Annahme gebunden zu sein. Hier fehlt es schon an einem Vorschlag an bestimmte Personen. Somit sind nur ausnahmsweise an einen größeren oder unbestimmten Personenkreis gerichtete Adressen als Publikumsofferte und damit echte Angebote zu verstehen sind.

Für eine bindende Publikumsofferte an einen unbestimmten Personenkreis ist gemäß Art. 14 Abs. 2 CISG erforderlich, daß ein Vorschlag den Bindungswillen als Angebot deutlich zum Ausdruck bringt. Im Zweifel sind jedoch Vorschläge an einen unbestimmten Personenkreis invitationes ad offerendum.

Entscheidend ist daher, inwieweit das „Angebot“ auf der Homepage von NetSoft, das gemäß Art. 8 CISG auszulegen ist, einen solchen Bindungswillen zum Ausdruck bringt.

Um den Willen einer Partei oder die Auffassung festzustellen, die eine vernünftige Person gehabt hätte, sind nach Art. 8 Abs. 3 CISG alle erheblichen Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die Verhandlungen zwischen den Parteien, die zwischen ihnen entstandenen Gepflogenheiten, die Gebräuche und das spätere Verhalten der Parteien.

Teilweise wird angenommen, daß das Verhalten eines Anbieters, der eine Software zum „Download“ anbietet, nach Art. 8 Abs. 1 CISG generell dahingehend auszulegen sei, daß dadurch bereits ein Angebot gemacht werden soll, weil der Anbieter allein dadurch zum Ausdruck bringe, im Falle der Annahme durch einen Käufer sich binden zu wollen.

Auch wird vertreten, daß die Verbreitung von Software über eine Homepage als ein Angebot ad incertas personas zu verstehen sei, da die Konstellation von Anbieter und Kunde im Netz auf den ersten Blick dem Verhältnis von Warenautomatenaufsteller und Käufer gleiche. Für das unvereinheitlichte deutsche Recht wird nach dieser Ansicht hierbei in der Aufstellung des Automaten ein durch Vorhandensein der Ware und Funktionsfähigkeit des Automaten bedingtes Angebot des Aufstellers ad incertas personas gesehen, welches der Käufer mit ordnungsgemäßer Bedienung annimmt. Der Aufsteller habe nach §151 S.1 BGB auf einen Zugang der Annahmeerklärung verzichtet.

Für diese Ansichten spricht zwar, daß auf der Homepage von NetSoft Ware und Preis im Rahmen eines „Angebotes“ genau bezeichnet wurde.

Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, daß – wie im World Wide Web (WWW) üblich – eine im Funktionsumfang nur beschränkte Programmversion zum „Download“ angeboten wird. Die Probeversion entspricht damit nicht der endgültigen Kaufversion – wie bei einem Warenautomaten -, so daß die Ansicht, die bereits im Aufstellen eines Warenautomaten ein bindendes Angebots erblickt, auf die hier gegebene Fallkonstellation nicht übertragen werden kann.

Das Angebot von NetSoft zum Herunterladen der Demo-Version von FiBuMaster kann demgemäß nur als invitatio ad offerendum gesehen werden, die Vollversion zu bestellen, so daß dadurch von NetSoft kein Angebot nach Art. 14 Abs. 1 CISG gemacht wurde.

b) Angebot durch E-Mail-Bestellung

In der Konsequenz müßte es sich bei der Bestellung der Software durch Impex per E-Mail um ein Angebot i.S.d. Art. 14 Abs. 1 CISG handeln, das hier unproblematisch zu bejahen ist, da diese E-Mail die in Art. 14 Abs. 1 S. 2 CISG normierten Mindestbestandteile von Ware, Menge und Preis enthielt.

c) Annahme durch E-Mail

Durch die Übersendung der Bestellungsbestätigung am nächsten Tage nebst Freischaltungscode müßte NetSoft das Angebot weiterhin angenommen haben.

Diskutiert wird hierbei im Rahmen der Anwendung des unvereinheitlichten Rechts, ob eine Erklärung eines Internet-Teilnehmers wegen der hohen Übertragungsgeschwindigkeit als Erklärung unter Anwesenden einzuordnen sei, mit der Konsequenz, daß es grundsätzlich einer sofortigen Annahme nach § 147 Abs. 1 S. 1 BGB bedürfe.

Würde man dieser Ansicht auch für das CISG folgen, wäre das als mündliche Erklärung zu behandelnde Angebot von Impex gemäß Art. 18 Abs. 2 S. 3 CISG sofort anzunehmen gewesen, was jedoch hier nicht erfolgte.

Im Bereich des nichtvereinheitlichten Rechts wird von der ganz überwiegenden Meinung eine Willenserklärung unter Abwesenden angenommen, da § 147 Abs. 1 S. 2 BGB eine Kommunikation „von Person zu Person“ voraussetze, die bei Einschaltung einer DV-Anlage nicht gegeben sei.

Dieser Auffassung ist sich auch für Art. 18 Abs. 2 S. 3 CISG anzuschließen, da eine E-Mail, auch wenn durch sie der unmittelbaren Dialog ermöglicht wird, keine „mündliche“ Kommunikationsform darstellt. Die Anwendung von Art. 18 Abs. 2 S. 3 CISG auf E-Mails scheidet daher aus.

Die folglich als Erklärung unter Abwesenden zu behandelnde Angebotserklärung durch die Übersendung der E-Mail von Impex war somit in angemessener Frist nach Zugang gemäß Art. 18 Abs. 2 S. 2 CISG anzunehmen.

Das Angebot von Impex wurde mit Zugang bei NetSoft nach Art. 15 Abs. 1 CISG wirksam. Zugang liegt vor – insoweit entspricht Art. 15 sachlich § 130 BGB – wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, daß bei Annahme der gewöhnlichen Verhältnisse damit zu rechnen ist, er könne Kenntnis nehmen.

Bei Verwendung einer E-Mail-Adresse ist der „elektronische Briefkasten“ dem herkömmlichen Briefkasten gleichzustellen und stellt damit eine Empfangsvorrichtung dar.

Da elektronische Mitteilungen „rund um die Uhr“ eintreffen können, obliegt es dem Inhaber während der Geschäftszeiten regelmäßig den „elektronischen Briefkasten zu kontrollieren, so daß Mitteilungen im gewerblichen Bereich – wie im vorliegenden Fall – regelmäßig noch am selben Tag zugehen.

Mit der Annahme am Folgetag nahm NetSoft das Angebot von Impex innerhalb angemessener Frist an.

Folglich ist ein Kaufvertrag über die Lieferung von „FiBuMaster“ zwischen NetSoft und Impex über das Internet per E-Mail zustandegekommen, so daß NetSoft gemäß Art. 35 Abs. 1 CISG zur Lieferung einer vertragsgemäßen Ware verpflichtet war.

III. Schadensersatzanspruch

Wegen des Additionsfehlers in dem Rechnungsprogramm könnte Impex jedoch ein Schadensersatzanspruch zustehen.

Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist nach Art. Art. 45 Abs. 1 b) i.V.m. Art. 74 CISG die durch eine Partei begangenen Vertragsverletzung.

1. Vertragsverletzung

Ausgangspunkt für das Gewährleistungsrecht des CISG ist der Begriff der Vertragswidrigkeit. Jede Abweichung von der nach Art. 35 CISG geschuldeten Beschaffenheit stellt eine vertragswidrige Lieferung dar. Der Verkäufer hat gemäß Art. 35 Abs. 1 CISG Ware zu liefern, die in Menge, Qualität und Art sowie hinsichtlich Verpackung oder Behältnis den Anforderungen des Vertrages entspricht. Dies bedeutet, daß unter diesen Begriff alle Fälle der Nicht-, Falsch- oder Schlechterfüllung erfaßt werden, wobei zwischen einer Schlecht- und einer Falschlieferung wird nicht unterschieden wird.

Im vorliegenden Fall wies die Software einen logischen Entwurfs- oder Konstruktionsfehler auf, da die Addition im Rahmen der Rechnungserstellung zu einem falschen Ergebnis führte, infolge dessen eine Vertragswidrigkeit unproblematisch vorliegt.

2. Rechtzeitige Rüge

Zur Erhaltung der Rechtsbehelfe wegen der Lieferung vertragswidriger Ware hat der Käufer nach Art. 38 CISG die Ware innerhalb kurzer Frist zu untersuchen, und Vertragswidrigkeiten nach Art. 39 CISG innerhalb angemessener Frist anzuzeigen.

Problematisch könnte im vorliegenden Fall sein, daß Impex erst zwei Wochen nach Lieferung der Software den Fehler per E-Mail gerügt hat.

a) Inhalt

Nach Art. 39 CISG hat der Käufer in der Anzeige die Art der Vertragswidrigkeit genau zu bezeichnen. Gleichzeitig dürfen jedoch die Anforderungen an die Spezifikation der Vertragswidrigkeit nicht überspannt werden. Vor allem bei Maschinen und technischen Geräten kann vom Käufer nur eine Darlegung der Symptome, nicht aber der Ursachen gefordert werden.

Hier rügte Impex einen Additionsfehler bei der Rechnungserstellungsfunktion von FibuMaster. Es handelt sich somit nicht nur um eine allgemein gehaltene Beanstandung, da das Ergebnis der Fehlfunktion genau bezeichnet wird, so daß die Rüge inhaltlich als ausreichend angesehen werden muß.

b) Form

Formale Anforderungen an eine Rüge bestehen nach dem CISG grundsätzlich nicht, so daß bereits eine mündliche oder telefonische Rüge ausreicht. Eine Ausnahme besteht nach Art. 12 CISG nur dann, wenn ein Vertragsstaat einen Vorbehalt hinsichtlich der grundsätzlichen Formfreiheit nach Art. 96 CISG erklärt hat. Weder Deutschland noch die Schweiz hat einen solchen Vorbehalt eingelegt.

(1) Variante A: Formlos

Demgemäß ist eine Rüge per E-Mail im Rahmen der ersten Fallvariante unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.

(2) Variante B: Schriftformklausel in AGB von NetSoft

Für die Einbeziehung von AGB nach dem CISG ist zu erläutern, daß hier deutlich schärfere Einbeziehungsvoraussetzungen gelten als nach unvereinheitlichtem deutschen Recht. Unter Geltung des CISG trifft den AGB-Verwender grundsätzlich eine Kenntnisverschaffungspflicht.

Inwieweit AGB bereits durch Abrufbarkeit auf einer Homepage einbezogen werden, soll hier aus Platzgründen nicht weiter erörtert werden. Die erforderlichen Kriterien der Lesbarkeit und Übersichtlichkeit können jedoch regelmäßig auch bei Einführung von AGB via Internet erfüllt werden.

Entsprechend der zweiten Fallvariante ist zu unterstellen, daß durch die wirksame Einbeziehung der AGB von NetSoft die Schriftform für eine Rüge durch Vereinbarung erforderlich ist.

(a) Schriftform

Es fragt sich also, ob eine Rüge per E-Mail einem vereinbarten Schriftformerfordernis genügt.

Die Schriftform wird im CISG nicht legaldefiniert. Art. 13 CISG, der neben der Schriftform nach Art. 12, 96 CISG auch für die vereinbarte Schriftform gilt, bestimmt jedoch, daß der Ausdruck „schriftlich“ auch Mitteilungen durch Telegramme und Fernschreiben erfaßt.

Zweifellos erfüllt eine E-Mail die beiden Gesetzesbeispiele nicht, so daß zu prüfen ist, inwieweit eine entsprechende Anwendung von Art. 13 CISG auf E-Mail-Mitteilungen zulässig ist.

Zunächst läßt sich argumentieren, daß Art. 13 CISG dem Wortlaut nach keine abschließende Aufzählung enthält, da die Formulierung „auch“ nur eine Ergänzung vornimmt.

Es wird daher in diesem Zusammenhang vertreten, daß wegen der Ähnlichkeit mit dem Telex Art. 13 CISG analog auf das Telefax anzuwenden sei, da dies eine technische Weiterentwicklung des Telex darstelle.

Auch könne im Unterschied zum BGB gegen eine Anwendbarkeit von Art. 13 CISG nicht herangezogen werden, daß ein Telefax keine eigenhändige Unterschrift, wie in § 126 BGB gefordert, enthält, da diese ebenfalls beim Telex und Telegramm fehle.

Art. 13 CISG sei jedoch nur dann anwendbar, wenn das Telefax auch ausgedruckt würde – das von Computer zu Computer übermittelte Telefax können dagegen nicht unter diese Vorschrift fallen.

Legt man diese Diskussionsansätze zugrunde, fehlt es jedenfalls dann immer an der Schriftform nach Art. 13 CISG, wenn kein Ausdruck der Mitteilung erfolgt.

Dieser Lösungsansatz für das Telefax vermag jedoch nicht zu überzeugen, da in der Konsequenz die Erfüllung der Schriftform i.S.d. Art. 13 CISG davon abhinge, ob beim Empfänger ein Ausdruck erfolgt oder nicht. Der Empfänger hätte damit in der Hand, das Ergebnis – schriftlich oder nicht – willkürlich zu beeinflussen.

Gleichzeitig können per E-Mail übersandte Mitteilung ebenso wie ein Telefax ausgedruckt werden und würden dann in konsequenter Anwendung der vorstehenden Argumentation zu einer schriftlichen Mitteilung führen, so daß eine Differenzierung nach dem Ausdruck im Ergebnis nicht greift.

Überzeugender dagegen ist die Argumentation, nach der bei der Übermittlung elektronischer Dokumente die Urkundseigenschaft mit der Begründung abgesprochen wird, daß vielfältige Manipulationsmöglichkeiten bestünden. Die sich daraus ergebenden Rechtsunsicherheiten ließen sich mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbaren.

Zudem ist gegen die Erfüllung der Schriftform anzuführen, daß eine Urkunde aus sich selbst heraus Wahrnehmbar sein muß. Diese Voraussetzung wird von einem elektronischen Dokument nicht erfüllt, da es zu seiner Wahrnehmung stets eines Hilfsmittels bedarf (Bildschirm, Drucker).

Folglich erfüllt eine E-Mail keinesfalls die Anforderungen an die Schriftlichkeit i.S.d. Art. 13 CISG.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn elektronische Dokumente nicht unerkennbar verfälscht und ihre Aussteller nachweisbar identifiziert werden können. Nur unter der Voraussetzungen einer anerkannten digitalen Signatur kann somit eine E-Mail in funktionsäquivalenter Weise zur Papierform das Schriftformerfordernis erfüllen. Zusätzlich bedarf es jedoch einer gesetzlichen Anpassung im Bereich des CISG, in der eine Gleichstellung elektronischer mit körperlichen Urkunden geregelt wird.

Bis zur Anpassung der Regelungen des elektronischen Rechtsverkehrs verbleibt es bei der Feststellung, daß eine per E-Mail übersandte Mitteilung nicht die Schriftlichkeit nach Art. 13 CISG erfüllt.

Für den hier erörterten Fall bedeutet dies, daß Impex unter Mißachtung der durch Einbeziehung der AGB von NetSoft vereinbarten Schriftform keine formwirksame Rüge an NetSoft übermittelt hat, so daß als Rechtsfolge der nicht gehörigen Rüge die gelieferte Software als mangelfrei genehmigt gilt, infolge dessen ein Schadensersatzanspruch entfällt.

(b) Entschuldigung

Dennoch könnte die formwidrige Rüge entschuldigt sein.

Nach Art. 44 CISG kann Käufer trotz unterlassener Rüge Schadensersatz verlangen, wenn er für das Unterlassen der Rüge eine vernünftige Entschuldigung hat.

Fraglich ist allerdings, ob Art. 44 CISG auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, da Impex eine Rüge nicht vollständig unterlassen hat, sondern diese nur nicht in der richtigen Form erklärte.

Hier läßt sich zum einen argumentieren, daß die formwidrige Rüge wie eine unterlassene Rüge behandelt wird, so daß Art. 44 unmittelbar Anwendung findet. Zum anderen sieht Art. 44 CISG eine Entschuldigungsmöglichkeit selbst bei einem „Totalunterlassen“ vor, so daß als „weniger“ auch die nicht formgemäß abgegebene Rüge unter Art. 44 CISG fallen muß.

Impex müßte daher für die nicht formgemäß abgegebene Rüge eine „vernünftige Entschuldigung“ anführen können.

Eine „vernünftige Entschuldigung“ wird als „Entschuldigung“ im Sinne der Billigkeit verstanden, wobei es hier auf ein Verschulden wie Fahrlässigkeit nach § 276 BGB nicht ankommt.

Entschuldigt ist ein Verhalten des Schuldners, das zwar an sich nicht vorschriftsmäßig und korrekt ist, das aber nach den Umständen des Einzelfalles billigerweise eine gewisses Verständnis und eine gewisse Nachsicht verdient.

Auf Seiten des Verkäufers spielt vor allem die Frage einer alsbaldigen Beweissicherung eine Rolle. Auf Seiten des Käufers geht es dagegen um das Interesse, nicht durch ein verhältnismäßig geringfügiges Versehen sämtliche Sachmängelansprüche zu verlieren.

Gegen eine Entschuldbarkeit könnte sprechen, daß es sich bei beiden Vertragspartnern um Unternehmen handelte, infolge dessen bei der verbindlichen Vereinbarung einer Schriftform ein solches Versehen schwerer wiegt, als bei kleinen Einzelhändlern. Würde man zudem einen Verstoß gegen ein vereinbartes Schriftformerfordernis grundsätzlich entschuldigen können, führte dies zur generellen Beseitigung einer solchen Vereinbarkeit. Dies ist jedoch mit dem Billigkeitsgedanken aus Art. 44 CISG unvereinbar.

Dennoch besteht im vorliegenden Fall die Besonderheit, daß sämtliche Vertragsaktionen von Angebot über Annahme bis Lieferung ausschließlich über das Internet erfolgten. Der Käufer durfte daher eine gesamte Abwicklung des Vertrages über das Internet vernünftigerweise unterstellen, so daß ein Übersehen der Schriftformklausel durch Impex im konkreten Fall entschuldbar ist.

Demgemäß behält Impex nach Art. 44 seinen Schadensersatzanspruch, da er für die nicht formgemäße Rüge eine vernünftige Entschuldigung hatte.

c) Rechtzeitigkeit

Weiterhin ist für eine ordnungsgemäße Mängelrüge erforderlich, daß die Rüge in angemessener Frist erfolgt, nachdem der Käufer die Vertragswidrigkeit festgestellt hat oder hätte feststellen müssen.

Nach Art. 38 CISG hat der Käufer die Ware innerhalb kurzer Frist zu untersuchen, und gemäß Art. 39 CSIG Vertragswidrigkeiten innerhalb angemessener Frist dem Verkäufer anzuzeigen.

Zu differenzieren ist hierbei zwischen Untersuchungs- und Rügefrist. Wann der Käufer einen Mangel hätte feststellen müssen, richtet sich hierbei nach der Art des Mangels.

Über den Zeitraum der Rügefrist besteht Uneinigkeit, der von acht Tagen bis zu mehreren Monaten reichen soll. Untersuchungsfrist und Rügefrist werden bei der Berechnung zeitlich hintereinander geschaltet.

Die konkrete Bemessung der Frist ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen. Als grober Mittelwert wird hier eine Rügefrist von einem Monat vorgeschlagen, die zumindest bei technischen Geräten, wie Maschinen angemessen erscheinen muß, so daß die Rüge von Impex innerhalb von zwei Wochen jedenfalls rechtzeitig war.

d) Fallvariante C:

In der hier zu behandelnden Fallkonstellation geht es um die Rechtsfrage, ob die offensichtlich verlorengegangene Rüge per E-Mail dazu führt, daß die Rügefrist nicht eingehalten wurde, da die zweite E-Mail erst nach zwei Monaten erfolgte und damit als Rüge nach den vorgenannten Fristen verspätet wäre.

Die sich daran anschließende Frage läuft darauf hinaus, wer das Transportrisiko für den Verlust des Inhalts bei der Übermittlung trägt.

Nach Art. 27 CISG nimmt das Nichteintreffen einer Mitteilung einer Partei grundsätzlich nicht das Recht, sich auf die Mitteilung zu berufen, sofern die Mitteilung mit den nach den Umständen geeigneten Mitteln gemacht wurde.

Die in dieser Vorschrift umgesetzte sog. Absendetheorie bürdet damit dem Empfänger das Risiko eines Verlustes auf und weicht somit vom Zugangsprinzip des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB ab.

Voraussetzung für die Entlastung von der Transportgefahr der Mitteilung nach Art. 27 CISG ist, daß diese mit einem nach den Umständen geeigneten Mittel erfolgte und abgesendet wurde.

Bei der Auswahl des Übermittlungsweges der Rüge per E-Mail bestehen angesicht der Kommunikationsinfrastruktur zwischen Deutschland und der Schweiz keine Bedenken.

Weiterhin verlangt der Begriff der Absendung nach Art. 27 CISG zum Übergang des Transportrisikos, daß der Erklärende jedenfalls alles Erforderliche getan hat, um die Mitteilung auf den Weg zu bringen.

Eine mit E-Mail übermittelte Mitteilung muß für den Sender erkennbar das eigene Netz verlassen haben und dies dem Sendeterminal signalisieren.

In der Fallvariante C erschien in der verwendeten E-Mail-Software der Status „gesendet“, so daß die Mitteilung zugangsfähig abgesandt wurde. Das Absenden konnte auch von Impex als beweisbelastete Partei bewiesen werden, so daß die erste Mitteilung wirksam ist.

Umstritten ist jedoch, welcher Zeitpunkt für das Wirksamwerden einer nur absendebedürftigen Erklärung, wie bei der hier in Rede stehenden Mängerüge, gilt.

Nach einer Ansicht soll, soweit zum Wirksamwerden der Erklärung der Zugang verlangt wird, auf den Zugang abzustellen sein.

Einer weitere Auffassung nach wird der hypothetische Zeitpunkt unterstellt, der nach Ablauf der regelmäßigen Beförderungszeit zum Zugang führt.

Schließlich sieht eine Dritte Meinung als maßgeblichen Zeitpunkt den der Aufgabe an, da dies zum einen dem Konzept der Absendetheorie entspräche, zum anderen das CISG keine Differenzierung von Transportrisiko und Wirksamwerden kennt.

Für den vorliegenden Fall bedarf es keiner Auseinandersetzung mit dem Streitstand, da bei der Rüge nur die ordnungsgemäße Absendung der Anzeige nicht der Zugangsbeweis erforderlich ist sowie zudem wegen der sekundenschnellen Übermittlung von E-Mails die zweite und dritte Ansicht im vorliegenden Fall zum gleichen Ergebnis gelangen.

Folglich wurde die Rüge mit Absendung bzw. wenige Sekunden darauf wirksam, so daß auch in der Fallvariante C die Rechtzeitigkeit der Rüge gegeben ist.

Als Ergebnis des hier erörterten Falles bleibt festzuhalten, daß nach allen Fallvarianten eine wirksame Rüge erfolgte, so daß Impex von NetSoft nach Art. 45 Abs. 1 b) i.V.m. Art. 74 bzw. i.V.m. Art. 44 (Var. B) bzw. i.V.m. Art. 27 CISG (Var. C) Schadensersatz verlangen kann.

Impex kann daher von NetSoft wegen des Mangels des Additionsfehlers den Schaden ersetzt verlangen, soweit er i.S.d. Art. 74 voraussehbar war.

NetSoft könnte sich gem. Art. 79 Abs. 1 CISG entlasten, wenn die Nichterfüllung ihrer Pflichten auf einem Umstand beruht, der außerhalb ihres Einflußbereichs liegt und den sie erwartungsgemäß nicht in Betracht zu ziehen hatte oder dessen Folgen unvermeidbar waren.

Anhaltspunkte dafür bestehen jedoch bei dem vorliegenden Additionsfehler, der entweder auf mangelhafte Programmierung oder Programmkonzeption zurückzuführen ist, nicht.

C. Zusammenfassung

Für die Praxis lassen sich aus der Fallbehandlung folgende Ergebnisse festhalten:

Für den grenzüberschreitenden gewerblichen Softwarekauf über das Internet, bei dem die Software unmittelbar Online übertragen wird, ist der Warenbegriff nach Art. 1 Abs. 1 CISG erfüllt, so daß das CISG bei dem Vorliegen der übrigen Voraussetzungen insgesamt Anwendung findet.
Angebote auf Homepages, bei denen nur beschränkt funktionsfähige Demo-Versionen zum Abruf angeboten werden, stellen grundsätzlich eine invitatio ad offerendum dar.
Eine Mängelrüge per E-Mail erfüllt nicht die Schriftform nach Art. 13 CISG.
Bei einem Softwarekauf über das Internet, bei dem alle vertraglichen Erklärungen per E-Mail abgegeben werden, kann ein Verstoß gegen eine vereinbarte Schriftform bei einer ebenfalls per E-Mail gemachten Rüge nach Art. 44 CISG entschuldigt sein.
Geht eine per E-Mail übermittelte Rüge verloren, nimmt dies einer Partei gemäß Art. 27 CISG grundsätzlich nicht das Recht sich auf diese Mitteilung zu berufen, da der Übermittlungsweg per E-Mail regelmäßig als nach den Umständen geeignet anzusehen ist.