Leitsatz

Wird dem Käufer der Besitz an einem Server, der im Eigentumsvorbehalt des Verkäufers steht, mit Gewalt dem Käufer entzogen, kann der Käufer die Herausgabe des Servers im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen.

In einem ausgesprochen kuriosen Fall meinte ein EDV-Dienstleister wegen ausstehender Forderungen einen Server aus dem laufenden Betrieb beim Kunden aufgrund seines Eigentumsvorbehalts mitnehmen zu können. Dem vorausgegangen waren Streitigkeiten über die vertragsgemäße Installation von Software. Der Kunde machte hier Mängelansprüche und Zurückbehaltungsrechte geltend.

Das EDV-Unternehmen wählte anstelle der gesetzeskonformen Vorgehensweise die rustikale Variante, verschaffte sich unter falschen Angaben Zugang zum Kunden und entriss unter Anwendung von Gewalt dem Kunden den Server, der sodann nicht mehr weiterarbeiten konnte. Die im Tatbestand des Urteils wiedergegebenen Geschehnisse lesen sich krimigleich.

Das Landgericht Frankfurt erließ eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe des Servers und der darauf befindlichen Daten. Eine IT-seitige Besonderheit bestand nämlich darin, dass der Server zwar im Eigentum des EDV-Unternehmens stand, die darauf befindlichen Daten wiederum Rechte des Kunden waren.
Auf die diesbezügliche Fragestellung kam es jedoch aufgrund der verbotenen Besitzentziehung gemäß § 861 BGB nicht an:

§ 861 Anspruch wegen Besitzentziehung
(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt. (…)

Nachdem sich dann der Geschäftsführer des Unternehmens zunächst nicht an den „Standort“ des Servers erinnern konnte, half die Androhung von Ordnungshaft seinem Gedächtnis und führte letztlich zur Herausgabe des Servers.

Unabhängig von der Kuriosität dieser Fallkonstellation verdeutlicht der entwendete Server allerdings die Abhängigkeit von entsprechenden Daten. Jedes Unternehmen ist daher gut beraten, eine entsprechende Komplettsicherung auf tagesaktueller Basis in getrennten Feuer- und Wasserabschnitten vorzunehmen.

Urteil des LG Frankfurt im Volltext (Az. 2-03 O 502/11)

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Prozessbevollmächtigte

Rauschhofer Rechtsanwälte RA Dr. Hajo Rauschhofer – FA IT-Recht Richard Wagner-Str. 1 – 65193 Wiesbaden – Tel.: 0611/5325395 – Fax: 0611/5325396Die Kanzlei Rauschhofer Rechtsanwälte berät und vertritt bundesweit im IT- und Internetrecht. Herr Dr. Rauschhofer ist seit 1996 als Rechtsanwalt tätig und darüber hinaus Fachanwalt für Informationstechnologierecht.
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