Internet World Business, 14/05, S. 12

Das AG Winsen verurteilte einen Forenbetreiber wegen der zu spät vorgenommenen Entfernung eines Fotos aus seinem Forum (Az.: 23 C 55/05). Im konkreten Fall wurde ein Foto eines Kriminellen mit dem darauf montierten Kopf des Klägers in ein Forum gestellt. Der Kläger mahnte mit E-Mail vom 30.01.2005 und einer Frist von einem Tag ab. Nachdem keine Beseitigung erfolgte beantragte er erfolgreich den Erlass einer einstweiligen Verfügung am 01.02.2005, also nur zwei Tage später.

Urteilsanalyse

Das Gericht sah den Antrag als begründet an, da der Betreiber des Forums verpflichtet sei, dafür zu sorgen, dass beleidigende Äußerungen gegenüber Dritten aus dem Forum entfernt werden.

Des Weiteren aber vertrat das Gericht die Auffassung, ein Forenbetreiber habe seine E-Mails in kurzen regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, so dass im Ergebnis bereits eine Abwesenheit von zwei Tagen dazu führe, dass ein Forenbetreiber für die Inhalte hafte.

Während die generelle Haftung nach Kenntniserlangung rechtsverletzender Inhalte keine Besonderheit darstellt, beinhaltet die Annahme einer Haftung bei nur zwei Tagen Ortsabwesenheit eine Haftungsverschärfung, die unter Berücksichtigung des Teledienstegesetzes (TDG) fraglich sein dürfte. Denn das Gericht setzte den fehlenden Abruf der E-Mail einer positiven Kenntnis gleich, woraus dann wiederum eine – jedenfalls gesetzlich nicht normierte – Prüfungspflicht folgen würde.

Zwar gilt im geschäftlichen Verkehr eine E-Mail während der üblichen Geschäftszeiten am selben Tage als zugegangen, sobald eine Abrufmöglichkeit gegeben ist, doch sollte diese Fiktion für den Zugang von Willenserklärungen nicht mit speziellen Haftungsmaßstäben des TDG vermengt werden.

Davon zu unterscheiden ist eine Prüfungspflicht der Foreninhalte selbst. In diesem Zusammenhang ist die viel zitierte Entscheidung des LG Trier zu nennen (Az. 4 O 106/00), wonach ein privater Forenbetreiber mindestens einmal in der Woche sein Forum auf rechtswidrige Inhalte zu überprüfen habe und im Falle der Gewerblichkeit der Überprüfungszeitraum noch kürzer sei. Unterlässt er dies, mache er sich die Inhalte zueigen.

Demgegenüber wiederum entschieden die Richter des LG Köln (Az. 23 C 55/05), dass ein Forenbetreiber gerade nicht verpflichtet sei, sein Forum zu überwachen oder nach rechtswidrigen Inhalten zu forschen und stützen sich dabei auf die Vorschrift des § 8 Abs. 2 TDG.

Ergänzend dazu ist eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin zu nennen, das über eine Haftung für Online-Anzeigen zu entscheiden hatte (Az.: 10 U 182/03). Auch hier wurde eine Haftung mangels Kenntnis verneint und die Auffassung vertreten, dass eine Haftung allenfalls dann in Betracht käme, wenn die Rechtsverletzung evident ersichtlich sei.

Praxistipp

Die divergierende Entscheidungspraxis macht es einem Forenbetreiber nicht einfach. An einer Haftung eines Forenbetreiber ohne Kenntnis bestehen erhebliche Zweifel. Nach § 8 Abs. 2 TDG sind Diensteanbieter gerade nicht verpflichtet, „die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen“; laut Bundesgerichtshof reicht ein Kennenmüssen nämlich gerade nicht aus (Az. VI ZR 335/02 – für das alte TDG). Der juristische „Kunstgriff“ des „sich zueigen machen“ und somit Haftung für eigene Inhalte könnte indes dann erfüllt sein, wenn beispielsweise in einem auf der Startseite sichtbaren Forenbeitrag eine offensichtliche Rechtsverletzung über mehrere Tage erfolgt.

Das LG Düsseldorf nahm ein „Zueigen machen“ an, wenn damit zu rechnen sei, dass – aufgrund der redaktionellen Vorberichterstattung zu einem Thema – ehrverletzende Äußerungen gegen bestimmte Personen erfolgen könnten (Az. 2 a O 312/01). Wichtig ist, dass im Falle tatsächlich erlangter Kenntnis ein Forenbetreiber schnell handeln und bei offensichtlicher Rechtsverletzung löschen muss.

Entsprechendes dürfte auch für die Pflicht zur Löschung eines Beitrages aus dem Archiv gelten (OLG München, 21 W 1991/02). Zumindest bei gewerbsmäßigen Seiten sollten sicherheitshalber die üblichen Kommunikationswege täglich überprüft werden. Bis zu einer Rechtsklarheit schaffenden höchstrichterlichen Entscheidung zum Verhältnis TDG und Haftung nach „allgemeinen Gesetzen“ i.S.d. § 8 Abs. 2 TDG sollten Forenbetreiber zumindest sicherstellen, dass an sie übermittelte Nachrichten kurzfristig wahrgenommen werden können.