Internet World Business, 04/06, S. 10

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte über die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers zu befinden, dem wegen privater Internet-Nutzung am Arbeitsplatz und des Installierens einer Anonymisierungs-Software fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt wurde. Das Gericht verneinte sowohl Gründe für eine fristlose als auch für eine ordentliche Kündigung, da die arbeitsvertragliche Verpflichtung eines „grundsätzlichen“ Verbots nicht eindeutig sei, sich aus dem Sachverhalt keine exzessive Internet-Nutzung ergäbe und im Rahmen der Interessenabwägung nach dem Grundsatz der Ultima Ratio regelmäßig eine Abmahnung einer Kündigung vorauszugehen habe (Az.: 6 Sa 348/03).

Urteilsanalyse

Zunächst stellten die Richter fest, dass eine private Internet-Nutzung jedenfalls nicht eindeutig verboten sei, da hierzu jegliche private Nutzung von vornherein „ohne Wenn und Aber“ verboten sein müsse. Bei der Formulierung „grundsätzlich verboten“ kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass ein Arbeitnehmer davon ausgehen durfte, die Nutzung sei in Ausnahmefällen erlaubt.

Zudem käme auch bei fehlender Eindeutigkeit eines Verbots eine fristlose Kündigung nur dann in Betracht, wenn die Nutzung so exzessiv und umfassend erfolge, dass der Arbeitnehmer davon ausgehen muss, dass der Arbeitgeber dies als außerordentlich schwere Störung des Arbeitsverhältnisses ansieht; dies gelte insbesondere für strafbare oder pornografische Inhalte.

Schließlich sahen die Richter auch in der Tatsache, dass der Arbeitgeber entgegen der Arbeitsanweisung nicht dienstliche Software heruntergeladen hatte, kein Recht zur sofortigen Kündigung begründet. Allein die abstrakte Gefahr wiege nicht so schwer, dass eine Kündigung ohne Abmahnung in Betracht käme.

Die mit diesen Gründen abgelehnte fristlose Kündigung sei auch auf die ordentliche Kündigung zu übertragen, da nach dem Grundsatz des letzten Mittels als Voraussetzung ein tief gehender und endgültiger Vertrauensverlust für eine Trennung vom Arbeitnehmer unerlässlich sei. Auch hier bedürfe es zunächst regelmäßig einer Abmahnung.

Praxistipp

Arbeitgeber sollten in der Unternehmenspraxis darauf achten, dass zum einen Dienstanweisungen ganz eindeutig formuliert sind, damit ein Verstoß dagegen auch eine entsprechende Wirkung entfalten kann. Zum anderen muss eine solche Dienstanweisung, die idealerweise in einer E-Mail- und Internet-Policy sämtliche Konstellationen abdeckt, auch kontrolliert werden, da ansonsten der Arbeitgeber Gefahr läuft, einen Duldungstatbestand zu schaffen. Kontrolliert er nämlich seine Verbote nicht, kann ihm dies als stillschweigende Erlaubnis durch Duldung ausgelegt werden.

Arbeitnehmer sollten ganz eindeutig prüfen, ob und in welchem Umfang ihnen eine private Internet-Nutzung am Arbeitsplatz erlaubt ist. Hat der Arbeitgeber eine solche verboten, läuft ein Arbeitnehmer zumindest nach Abmahnung Gefahr, außerordentlich gekündigt zu werden. Bei einem Verbot des Herunterladens von Programmen dürften die Umstände im Einzelfall zu prüfen sein. Es dürfte einen Unterschied machen, ob man sich nur als weiteren Browser Firefox herunterlädt oder in sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel Banken, Spionage-Software verwendet. Denn ein Verstoß gegen das Verbot Software herunterzuladen, kann zwar im Schadensfalle eine Kündigung eventuell nicht begründen, indes jedoch erhebliche Schadensersatzansprüche auslösen.