Leitsätze:

  1. Ein Besichtigungsanspruch von Computersoftware und dem dazugehörigen Quellcode kann beim Vorliegen einer „gewissen Wahrscheinlichkeit“ für eine Rechtsverletzung auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Ein entsprechendes Vorgehen im Eilverfahren rechtfertigt sich auch aus Art. 50 TRIPS.
  2. Kommt ein unabhängiger Sachverständiger im Rahmen der Besichtigung zu dem Ergebnis einer Reihe von Übereinstimmungen der beiden verglichenen Computerprogramme, überwiegt zumindest im Falle einer solchen Feststellung bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen das Interesse der Antragstellerin gegenüber einem etwaigen schützenswerten Geheimhaltungsinteresse der Gegenseite. Ein Geheimhaltungsinteresse ist substantiiert darzulegen.
  3. Ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit begründet, erstreckt sich der Besichtigungsanspruch auch im einstweiligen Verfügungsverfahren auf die Herausgabe des gesamten Programmquellcodes; er ist nicht auf die Programmteile beschränkt, hinsichtlich derer von vorneherein Übereinstimmungen feststanden.
  4. Die Offenbarung der Ergebnisse eines Besichtigungsanspruchs ggf. erst nach Abschluss eines Berufungsverfahrens würde dem Sinne des § 809 BGB gerade in einstweiligen Verfügungsverfahren zuwiderlaufen. Eine Herausgabe erst nach (rechtskräftigem) Abschluss des Verfügungsverfahrens oder gar im Wege der isolierten Herausgabeklage widerspricht dem Sinn des Besichtigungsanspruches.
  5. Ein Schriftsatznachlass kommt im einstweiligen Verfügungsverfahren weder nach § 283 noch gemäß § 139 Abs. 5 ZPO in Betracht.