PowerPoint-Präsentation des Vortrags – Internetversion
Der Vortrag im Rahmen der DGRI-Jahrestagung 2010 in Nürnberg beschäftigt sich mit den diversen Ausprägungen sozialer Netzwerke und der bereits dazu ergangenen sowie mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht darauf anwendbaren Rechtsprechung.
I. Einführung
Um die rechtliche, insbesondere persönlichkeitsrechtliche Relevanz besser einordnen zu können, bedarf es zunächst einer Analyse der vorhandenen Dienste.
Zu unterscheiden ist hier zwischen Text, Bild und Videoportalen, die in unterschiedlicher Form eine Kenntnisnahme von Inhalten für Teilnehmer ermöglichen. So sind 140-Zeichen Nachrichten des Micro-Messaging-Dienstes Twitter grundsätzlich für jeden im Internet abrufbar, soweit diese Nachrichten (die sogenannten „Tweets“) nicht von dem Account-Inhaber geschützt werden. Die Besonderheit besteht darin, dass solche Tweets automatisch an die dafür Angemeldeten, die sogenannten „Follower“, versendet werden. Neben der Nutzung des klassischen Internet-Frontends über twitter.com stehen hier eine Vielzahl effektiver Tools und mobile Apps wie TweetDeck, Echofon, Seesmic oder Twitterrific zur Verfügung.
Die rechtliche Relevanz für Persönlichkeitsrechte folgt hier zum einen aus dem (begrenzten) Inhalt der Nachricht, zum anderen aus der Möglichkeit, zu anderen Inhalten zu verlinken.
Vom Grundsatz her vergleichbar, jedoch von den Möglichkeiten der Text, Bild und Videoanbindung weniger beschränkt ist der Dienst Facebook. Das Prinzip beruht darauf, dass grundsätzlich – hier gab es eine intensive Diskussion über die Datenschutzeinstellung – nur sogenannte „Freunde“ Informationen, wie Pinnwand-Posting, Bilder, etc., einsehen können, die ein Facebook-Mitglied veröffentlicht. Auch hier folgt aus der textlichen, vor allem aber aus der Verbreitung von Bildern und Videos ein breites Spektrum möglicher Rechtsverletzungen, wobei beispielsweise nicht nur die fehlende Einwilligung der (teilweise minderjährigen) auf den eingestellten Fotos Abgebildeten erwähnenswert ist. Auch zeigte sich speziell in der Vergangenheit, dass durch unsensiblen oder unwissenden Umgang mit den Schutzeinstellungen Nutzer sehr private Informationen kommuniziert haben, die für sie nachteilig sein können oder bereits waren, beispielsweise im Kontext von gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsverhältnissen.
Weniger mitglieder- als medienlastig sind Bilderplattformen wie Flickr und vor allem Videoplattformen wie YouTube, Myvideo oder Clippfish, bei denen neben den „klassischen“ Urheberrechtsverletzungen durch die Verwendung von Film- oder Sendematerial wiederum Filme Betroffener abrufbar sind, die dazu nicht ihre Einwilligung erteilt haben.
Teilweise in Verbindung, teilweise isoliert mit den vorgenannten Diensten sind Geo- Location-Dienste, wie Foursquare oder Gowalla, bei denen Nutzer ihre Standort kommunizieren („einchecken“), insbesondere um „Freunde“ darüber zu unterrichten, dass sie in der Nähe sind.
Regelmäßig ohne (direktes) eigenes Zutun der Betroffenen finden sich aus dem Internet zusammengetragene Daten und Bilder in Personensuchmaschinen, wie z.B. 123people oder Yasni.de.
Schließlich haben sich diverse Bewertungsforen etabliert, bei denen authentifizierte oder anonyme Mitglieder für jeden sichtbar oder verdeckt vorgefertigte oder eigene Bewertungen vornehmen können – in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion allen voran spickmich.de. Zu nennen sind aber auch Bewertungsplattformen wie meinprof.de, kennstdueinen.de, docinsider.de etc.
II. Problemaufriss
Wie sich bereits aus der Einleitung ergibt, kommen eine Vielzahl von Rechtsverletzungen durch die jeweiligen Dienste in Betracht. Im Rahmen der persönlichkeitsrechtlichen Untersuchung finden sich hier Mobbing von Mitarbeitern über Texte, kompromittierende Bilder oder Videos genauso wie die ohne Einwilligung erfolgende Abbildung Betroffener. In einer Mischform existieren beispielsweise auch Eventbetreiber oder Diskotheken, die das bunte Treiben im Rahmen von Partys über einen Livestream direkt in das Internet „übertragen“ und durch AGB eine Einwilligung der Gäste fingieren möchten.
Schließlich war zu klären, inwieweit eine Haftung nicht nur für eigene Tweets oder Postings besteht, sondern auch für eine Verlinkung zu rechtswidrigen Inhalten. Hierbei ging es nicht um die Haftung eines Forenbetreibers, der nach herrschender Meinung erst ab positiver Kenntnis haftet, sondern vielmehr um die Frage, ob sich der Autor eines Tweets durch Verlinkung Inhalte zu Eigen macht oder sich von diesen beispielsweise als Zitat oder Quelle distanziert.
III. Rechtsprechung
Die Rechtsprechung für Internetplattformen, Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Linkhaftung ist vielfältig. Nach der anfänglichen Unsicherheit einiger Gerichte sind hier die meisten grundsätzlichen Rechtsfragen, teilweise höchstrichterlich geklärt. Die Erkenntnisse aus diesen Verfahren sind entsprechend auf Tatbestände der Social Media, auch Web 2.0 genannt, anzuwenden soweit es hier noch an Rechtsprechung fehlt.
Der Vortrag beschäftigt sich daher insbesondere mit den aus dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung herrührenden datenschutz- und persönlichkeits-rechtlichen Ansprüchen gegen sowohl unmittelbar Handelnde als auch Störer, wobei im Rahmen der Gegenüberstellung von Meinungs- und Informationsfreiheit einerseits und Persönlichkeitsrechten andererseits regelmäßig zwischen privater und beruflicher Tätigkeit zu unterscheiden sein dürfte.
Ein besonderes Augenmerk war in diesem Kontext auf Bewertungsforen zu legen, da nicht zuletzt durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes die vorgegebene Bewertung von Lehrern in geschlossenen Nutzerkreisen als rechtmäßig erachtet wurde und das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat.
Es sind daher die Besonderheit der Spickmich-Plattform anderen Plattformen und für jedermann zugänglichen Bewertungsplattformen gegenüber zu stellen.
Schließlich ist von Bedeutung, wie einem Betroffenen, der eigene Informationen in das Internet gestellt hat, die er nun nicht mehr dort sehen möchte, Rückruf- oder Sperrungsmöglichkeiten zustehen.
IV. Durchsetzung und Ausblick
Vor einem Ausblick sollen in einem praktischen Teil neben den Ansprüchen dem Grunde nach und dem Anspruchsadressaten dargestellt werden, welche Rechtsinstitute Betroffene für sich nutzbar machen können, insbesondere nicht nur wie, sondern vor allem wo Ansprüche durchzusetzen sind. Nicht zuletzt jüngere Entscheidungen zeigen ein Befassen der Gerichte mit ihrer internationalen Zuständigkeit, die auch für Social Media Tatbestände fruchtbar gemacht werden kann.
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- Die Langfassung wird als Beitrag im DGRI-Jahrbuch 2010 erscheinen
Weitere Beiträge
Die nachstehenden Beiträge in den Ausgaben der Internetworld Business (24/09 bis 26/09) dreiteilige Serie benennt die rechtliche Probleme beim
Umgang mit Social Media und zeigt Lösungen auf:
1. Impressum, Wettbewerbs und Markenrecht – Ausgabe 24/2009 (PDF) und HTML
2. Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht und Datenschutz – Ausgabe 25/2009 (PDF) und HTML
3. Durchsetzung von rechtlichen Ansprüchen – Ausgabe 26/2009 (PDF) und HTML
Siehe auch:
- WISO-Interview am 12.10.2009 – Video
- 13 Thesen zu Twitter & Co.
Rauschhofer Social