Beitrag in der internet world 6/02, S. 128

Einleitung

Gegenstand der behandelten Fragestellungen ist die in der Praxis regelmäßig auftretende Situation, dass ein Arbeitnehmer aus einem Arbeitsverhältnis ausscheidet, danach auf seinem Account jedoch E-Mails noch eingehen. Bei den auflaufenden E-Mails kann es sich um solche für den Arbeitgeber, mithin dienstliche, oder private E-Mails an den ausgeschiedenen Arbeitnehmer handeln.

Der Arbeitgeber hat naturgemäß ein vitales Interesse, von den an sein Unternehmen gerichteten E-Mails Kenntnis zu erhalten. Ob und inwieweit eine Einsichtnahme durch den ehemaligen Arbeitgeber zulässig ist, sowie welche Möglichkeiten der Vertragsgestaltung und Problemlösungen bestehen, wird nachstehend erörtert.

Kontrolle von E-Mails

Ohne die lebhafte Diskussion zur Überwachung von Arbeitnehmer-E-Mails zu vertiefen, muss zum besseren Verständnis dargestellt werden, dass zu unterscheiden ist, ob Arbeitnehmern die private Nutzung Ihrer E-Mailadresse erlaubt ist. Soweit der Arbeitgeber ausdrücklich oder durch Duldung die private Nutzung gestattet, kommt die ganz herrschende Meinung in der juristischen Literatur – an Rechtsprechung fehlt es bisher – zu dem Ergebnis, dass eine Kontrolle, bis auf ganz enge Grenzen der Missbrauchüberwachung nach vorheriger Ankündigungen und Androhung der Konsequenzen bei Verstößen, grundsätzlich unzulässig ist. Zusätzlich folgt aus dem grundsätzlichen Überwachungsverbot bei der Gestattung der privaten Nutzung, dass auch die Überwachung dienstlicher E-Mails davon betroffen sein soll, da sich nach § 85 Telekommunikationsgesetz (TKG) das Fernmeldegeheimnis auch auf dienstliche E-Mails erstrecke. Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass bei Überwachungsmaßnahmen auch private E-Mails betroffen sind.

Anders dagegen soll nach überwiegender Rechtsmeinung bei dem Verbot von privaten E-Mails unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls, der Datenvermeidung und -Sparsamkeit sowie des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Überwachung auch der Inhalte möglich sein, wobei eine automatisierte Vollkontrolle auch hier nicht gerechtfertigt ist.

Aus Vorstehenden ergibt sich wiederum, dass jedenfalls bei der häufig anzutreffenden Gestattung von privater E-Mail, eine Überwachung und damit auch Einsichtnahme nach Ausscheiden des Arbeitnehmers das Fernmeldegeheimnis verletzt und der Handelnde sich gem. § 85 TKG strafbar machen dürfte.

Lösungsvorschläge

Für vorstehendes Dilemma aus Sicht des Arbeitgebers gibt es nach dem derzeitigen Stand keinen Königsweg zur Lösung.

Idealerweise erklärt der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsvertrages durch gesonderte Regelung und Unterschrift oder Betriebsvereinbarung, dass er mit der Kontrolle des Inhalts seiner E-Mails, insbesondere aus Gründen der Systemsicherheit und –überwachung, einverstanden ist.

In abgeschwächter Form wäre die Einwilligung zur Überwachung dahingehend denkbar, dass z. B. der Datenschutzbeauftragte unter bestimmten, vertraglichen Voraussetzungen berechtigt wäre, an den Arbeitgeber zu berichten.

Fehlt es indes an einer frühzeitigen Auseinandersetzung mit dem Thema und damit entsprechenden Arbeitnehmererklärungen, kann ohne Mitwirkung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers nicht dessen Einwilligung zur Kontrolle seiner privaten E-Mails ersetzt werden.

Ob und inwieweit ein Anspruch des Arbeitgebers auf Einwilligung zur Kontrolle angesichts dieser neuen Fallsituation besteht, dürfte höchst fraglich sein und wurde ebenfalls durch die Rechtsprechung noch nicht behandelt. Anders nämlich als bei Briefen, die entweder an das Unternehmen gerichtet sind oder den Vermerk „persönlich/vertraulich“ tragen, sieht man einer E-Mail ohne eine entsprechende Kennzeichnung im Betreffsfeld deren private Natur nicht an.

Argumentativ vertretbar, jedoch mit ganz erheblichen rechtlichen Risiken behaftet, wäre eine Analogie zur Dienstpost, wonach private E-Mails wie private schriftliche Post zu behandeln ist, denkbar. Geht der Arbeitnehmer insoweit grundsätzlich von der Dienstlichkeit eingehender E-Mails aus, sind eingehende private, aber fälschlich als Dienstpost behandelte E-Mails den betreffenden Ex-Mitarbeitern unverzüglich nach Bekanntwerden ihres privaten Charakters zur alleinigen Kenntnis zu geben.

Da vorgenannte rechtlichen Lösung die Gefahr einer Rechtsverletzung beinhalten, käme als technische Lösung in Betracht, dass ein Auto-Responder installiert wird, der den Versender von dem Ausscheiden des Adressaten informiert und für den Fall von für das Unternehmen bestimmten E-Mails eine entsprechenden Adresse angibt. Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung in konkreten Fallsituationen ein Überprüfungsrecht des Arbeitgebers nach Ausscheiden des Mitarbeiters für zulässig erklärt.

Links zum Thema:

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Bereich Urheberrecht
DM-Beitrag Urheberrecht Teil 4